EUROSOLAR-Sofortprogramm: Ultimative Beschleunigung für heimische erneuerbare Friedens- und Freiheitsenergien

Unsere Resolution für Sofortmaßnahmen direkt nach der Regierungsbildung ist von der neuen Bundesregierung nicht umgesetzt worden. Vor dem Hintergrund der Energiepreis- und Energiesicherheitskrise ist deshalb die Dringlichkeit nochmals gestiegen, wesentliche Maßnahmen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien jetzt umzusetzen. Folgende Sofortmaßnahmen müssen noch vor Ablauf des 1. Halbjahrs 2022 wirksam greifen, um nicht unnötig Zeit für Energiesicherheit zu verlieren.

  1. Grundvoraussetzung für ultimative Beschleunigung: Freiheit des parlamentarischen Gesetzgebers von der Beihilfenkontrolle der EU-Wettbewerbsbehörde

Die sofortige Wirksamkeit der Maßnahmen noch im 1. Halbjahr 2022 ist nur möglich, wenn das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus der Beihilfenkontrolle der EU-Kommission herausgelöst wird. Für Energiesicherheit brauchen wir sofortige Investitionen und alles andere als Investitionsunsicherheit. Die Strompreissenkung durch Abschaffung der EEG-Umlage bleibt trotzdem möglich, wenn die Haushaltsfinanzierung auf die Altanlagen beschränkt wird, die bis Ende 2021 in Betrieb gegangen sind (Altanlagenfonds). Ab dem neuen EEG 2022 wird dann eine neue EEG-Umlage eingeführt, die aufgrund der Preisgünstigkeit der Erneuerbaren Energien nicht mehr ins Gewicht fällt und auch keine Industrierabatte mehr erforderlich macht.

2. Abbau aller Hürden und Hemmnisse für den Ausbau Erneuerbarer Energien

Die Bundesregierung arbeitet an zwei Energiegesetz-Paketen, die den Rechtsrahmen für den Ausbau Erneuerbarer Energien, der Netze, der Energiespeicher und der Sektorenkopplung neu ordnen. Diese Pakete kommen zu langsam (siehe 1.) und sind unzureichend, insbesondere im Hinblick auf die Beschleunigung der Photovoltaik (siehe 3.) und der Windenergie (siehe 4.). Die Potenziale der regelbaren Erneuerbaren Biogas (siehe 5.) und Wasserkraft (siehe 6.) werden vernachlässigt und im Falle der Wasserkraft sogar eingeschränkt. Zusammen mit der Beschleunigung von Energiespeichern (siehe 7.) bilden die regelbaren Erneuerbaren das Fundament für Energieautonomie durch heimische Friedens- und Freiheitsenergien.

Ein Sofortprogramm im Wärmebereich soll dafür sorgen, dass insbesondere Erdgas kurzfristig eingespart und durch Erneuerbare Energien ersetzt wird (siehe 8.).

Generell müssen die Pakete der Energiegesetzgebung drastische Vereinfachungen für die Planung und Genehmigung aller Vorhaben der Energiewende bringen und sofortige Investitionen auslösen, die noch vor dem Winter 2022 Wirkung entfalten.

3. Photovoltaik – der ultimative Beschleuniger

Am schnellsten mobilisierbar ist die Photovoltaik. Die PV-Zubauziele können gegenüber dem Vorkriegs-Osterpaket deutlich erhöht werden (2022 10 GW, 2023 15 GW, 2024 20 GW) und folgende Maßnahmen noch im 1. Halbjahr 2022 ergriffen werden:

  • PV-Vergütung: Einmalige kräftige Anhebung der Vergütung für Prosumer-PV-Anlagen, Ersetzung des atmenden Deckels durch einen atmenden Booster, der auf die neuen Zubauziele abgestimmt ist.
  • Abbau von Hürden bei Eigenversorgung: Stärkung der Eigenversorgung aus Erneuerbaren Energien für den gesamten Bedarf für Strom, Wärme und Mobilität in einem Haushalt, in einem Quartier und in einem Betrieb.
  • Mieterstrom unbürokratisch ermöglichen und in einem ersten Impuls mit einem 100.000-Dächer-Programm für Mietshäuser ausrollen.
  • Agri-, Parkplatz- und Floating-PV-Ausschreibungen schon in 2022 beginnen (min. 0,5 GW) und danach zügig hochfahren (min. 5 GW pro Jahr ab 2025) sowie sofortige Abschaffung des Ausschlusses von Agrarsubventionen bei der Doppelnutzung einer landwirtschaftlichen Fläche mit Agri-PV.

4. Windenergie – kurzfristig Potenziale heben

Auch bei der Windenergie können kurzfristige Maßnahmen zum zügigen Ausbau geweckt werden.

Dazu kommt es vor allem auf das Planungsrecht im Bereich des Repowering von alten, kleinen zu neuen, sehr viel leistungsstärkeren Windenergieanlagen an:

  • Repowering beschleunigen, Planungshemmnisse beseitigen: Um den stockenden Windenergie-Ausbau an Land schnell aufzulösen, sollen Planungsvorbehalte der Windenergie an Land auf Bestandsflächen aufgehoben und die Privilegierung im Außenbereich für Repoweringanlagen durchgesetzt werden. Durch diese Änderung im Baugesetzbuch kann der Bund auf einen Schlag Planungsrecht für alle Repowering-Standorte schaffen.
  • Beseitigung der 10H-Abstandsregel durch eine Änderung des Baugesetzbuchs.
  • Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Windenergie an Land: 6 Monate bis zur Vollständigkeit des Antrags und 6 Monate bis zur Genehmigung. Freistellung von Repowering-Standorten von der Genehmigungspflicht und bloße Rechtskontrolle im Anzeigeverfahren.
  • Windenergie-Deckel im EEG lockern: Freistellung von Ausschreibungen bei kleineren WEA bis zu 3 MW (Deminimis) zur Mobilisierung der gesellschaftlichen Kraft der kommunalen Bürgerenergie.
  • Abschaffung des erstickenden Winddeckels bei Ausschreibungen: Die sog. endogene Mengensteuerung bewirkt eine Spirale nach unten bei den Ausschreibungsmengen und ist ein verkappter Zubaudeckel bei der Windenergie an Land. Sie muss beseitigt werden. Wettbewerb bei Windenergieanlagen größer 3 MW soll durch eine Ausweitung verfügbarer Standorte erreicht werden und nicht durch künstliche Verknappung des Angebots.

5. Biogaspotenzial zur Ersetzung von Erdgas nutzen

Der Wert von Biogas liegt in der Bereitstellung von Flexibilität für das Stromsystem sowie in der Kraft-Wärme-Kopplung. Das Potenzial des großen bestehenden Biogas-Anlagenparks für Flexibilität darf nicht länger brach liegen. Die Anreize zur Umstellung auf regelbaren Betrieb müssen auch für Bestandsanlagen erhöht werden. Dann kann Biogas seine Stärke zur Ersetzung von Erdgas im Stromsystem voll ausspielen.

Zentraler Pfeiler für den weiteren Ausbau der Biogasproduktion ist eine energetische Nutzungspflicht für Bioabfälle und Gülle sowie der verstärkte Einsatz vielfältiger Blühpflanzen.

6. Wasserkraft

Die Wasserkraft wird als wetterunabhängiger regelbarer Energieträger für die Energieversorgungssicherheit gebraucht – gerade in den angespannten Zeiten drohender Energieknappheit. Geplante Verschlechterungen von Rahmenbedingungen sind zu streichen. Im Gegenteil müssen Anreize für die Leistungserhöhung der Wasserkraft durch Modernisierung und Neubau geschaffen werden. Modernisierung und Ausbau der Wasserkraft werden durch Maßnahmen der Wasserrückhaltung in Mühlgräben und Speicherseen dazu genutzt, um der Versorgungskrise für Trinkwasser in Zeiten des realen Klimawandels vorzubeugen.

Als Sofortmaßnahme zur Energiesicherheit soll bei allen Maßnahmen zur Einschränkung der Wasserkraft ein Moratorium greifen. In einer grundlegenden Reform sind die Ansprüche der EU-Wasserrahmenrichtlinie mit denen der beschleunigten Energiewende in Einklang zu bringen und nicht gegeneinander auszuspielen.

7. Speicheroffensive für Energieautonomie

Die Potenziale der heimischen erneuerbaren Friedens- und Freiheitsenergien für Energiesicherheit können am besten durch Sektorenkopplung (Elektrifizierung) erreicht werden. Erforderlich ist eine Neue Energiemarktordnung, die auf das Zusammenwachsen der Energiemärkte setzt, indem Barrieren zwischen den Strom-, Wärme-, Gas- und Kraftstoffmärkten abgebaut werden, u.a. dürfen Speicher nicht als Letztverbraucher eingestuft werden. Für die Markteinführung von Energiespeichern und der Sektorenkopplung ist ein klarer regulatorischer Rahmen erforderlich. Als wichtige Flexibilitätsoption müssen Speicher sowohl auf Netz- als auch auf Erzeugerseite gleichberechtigt mit den anderen Flexibilitätsoptionen im Markt agieren können.

Umgehend muss der bereits laufende Aufschwung bei der Elektromobilität dazu genutzt werden, die regulatorischen Voraussetzungen für einen leistungsfähigen Schwarmspeicher zu schaffen: Alle Ladepunkte und Batteriespeicher müssen befähigt werden, unbürokratisch Regelenergie für die Energieversorgungssicherheit bereitzustellen (Vehicle-to-Grid).

8. Sofortiges Verbot des Neueinbaus fossiler Heizsysteme und Verbesserung der Rahmenbedingungen für Solar- und Umweltwärme sowie der kommunalen Wärmeplanung

Der Einsatz fossiler Heizsysteme (Erdgas, Heizöl, Kohle) wird bei Neubauten und Bestandssanierungen in einer Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) untersagt. Die Grundsätze des solaren Bauens (aktiv und passiv) und der Niedrigstenergiehausstandard werden noch in 2022 in die GEG-Novelle eingeführt. Die Installation von PV-Anlagen wird bei allen Neubauten vorgeschrieben.

Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Einsatz von Wärmepumpen (Befreiung von allen Umlagen auf den Strompreis) soll ab sofort gelten und nicht durch bürokratische Anforderungen (Nachweispflichten von Jahresarbeitszahlen) konterkariert werden.

In einem Sofortprogramm sollen Solarwärme-Parks und Erdwärmesonden, auch als Solarwärme-Speicher, in bestehende Fernwärmenetze eingebunden werden. In allen Teilen Deutschlands sollen für Pilotprojekte im Jahr 2022 besonders hohe Fördersätze ausgegeben werden, damit ein kurzfristiger Beitrag zur Erdgas-Verbrauchsminderung geleistet wird und zügig Kompetenz für die solare Fernwärmeversorgung aufgebaut wird. Eine kommunale Wärmeplanung auf der Basis heimischer erneuerbarer Friedens- und Freiheitsenergien wird verpflichtend.