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Regenerative Notfallmaßnahmen zur Begrenzung der Klimakatastrophe gefordert

Bonn, den 21. Juni 2018. Erklärung des europäischen EUROSOLAR-Vorstands, formuliert von Peter Droege, Präsident EUROSOLAR In den 30 Jahren seit der Gründung von EUROSOLAR wurden viele außerordentliche Erfolge und Fortschritte bei der Verbreitung Erneuerbarer Energien erzielt: die starken Einspeisevergütungen; die Verbreitung 100 % erneuerbarer Gebäude, Kommunen und Regionen; der breite Einzug von Solar- und Windenergie in den Strommix vieler Länder; die Revolution der nationalen Energie-Politiken und der Anstieg der Investitionen in Erneuerbare Energien, die bereits seit Jahren zur dominanten Art der jährlichen Investitionen in neue Stromerzeugungskapazitäten weltweit wurden.

Aufgrund politischer Widerstände und Fehlinformationen wächst der Albtraum der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen jedoch ungebremst weiter und baut jeden Tag ein ominöseres Vermächtnis auf. Der lange Widerstand, die Verzögerung und der Aufschub seitens Regierungen und Industrien hatten dramatische und lange vorhergesagte Konsequenzen.

Es mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Effekte der hauptsächlich durch fossile Emissionen ausgelösten Erwärmung bereits über ein kontrollierbares Maß hinausgehen – wie auch die wachsend ansteigenden Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre bereits weit über einem klimastabilen Niveau liegen. Deshalb müssen die bisherigen Ziele für die Reduktion des fossilen Energieverbrauchs, die Flächenemissionsreduzierung und der Aufbau der Erneuerbaren Energien umgehend und massiv beschleunigt werden.

Die möglichen Auswirkungen eines abrupten Klimawandels mit dramatischen Konsequenzen für die Menschheit werden immer häufiger offensichtlich – und dennoch von Politikern und Medien gleichermaßen weitgehend ignoriert. Die meisten IPCC-Erklärungen propagieren immer noch ihre irreführend linearen Klimaprognosen, während das nichtlineare Verhalten der Erdsysteme und das exponentielle Ansteigen der Kohlenstoffkonzentrationen über die gesamte Dauer der IPCC- und UNFCCC-Arbeiten hinweg – also seit 1988/1994– registriert und bekannt sind.

Möglicherweise haben wir schon lange den Grenzbereich erreicht, an dem eine Reihe von Klimakipppunkten ausgelöst werden. Wir erleben die Freisetzung von Methan in der Arktis und Sibirien, die durch das Schmelzen von Permafrostböden ausgelöst wird. Die Erwärmung des Ozeans ist so weit fortgeschritten, dass die Meere bald Wärme und CO2 ausstoßen werden, anstatt sie zu absorbieren. Das Verschwinden des polaren Meereises hat bereits seit Jahren im Gefolge der gesenkten Albedo arktische Hitzewellen erzeugt. Andere Beispiele für mächtige Rückkoppelungsmechanismen sind die Unterbrechung des Monsunregens in Asien oder die Eskalation des Waldsterbens. All diese haben nicht zuletzt Konsequenzen für unsere Lebensmittelversorgung. Mehr als 15 Kipppunkt-Mechanismen laufen Gefahr, ausgelöst zu werden oder wurden bereits aktiviert.

Als Konsequenz könnte ein abrupter Klimawandel bevorstehen, der über das Ausmaß und die Dauer der historisch zyklischen Dansgaard-Oeschger- oder Bond-Ereignisse – abrupte Temperaturschwankungen der letzten Kaltzeit – hinausgeht. Dies wäre eine kommende Periode schneller Klimaänderungen im Zuge eines in der Vergangenheit allmählichen Aufbaus der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre – nun aber angefeuert durch den – historisch gesehen – beinahe explosionsartigen Ausstoß von Treibhausgasemissionen durch fossile Brennstoffe. Ohne umgehende und tiefgreifende Maßnahmen ist es nicht unvorstellbar, dass Temperaturen innerhalb weniger Jahrzehnte um zehn Grad Celsius oder mehr steigen könnten.

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Dies ist nicht die Zeit für Verleugnung oder Resignation, sondern für massive und unbeirrbare Aktionen. EUROSOLAR fordert einen regenerativen Sofortmaßnahmenplan, der in Umfang und Geschwindigkeit notgedrungen beispiellos ist. Dies sind keine normalen Zeiten: außergewöhnliche Maßnahmen müssen ergriffen werden:

1. Massive und sofortige Mobilisierung erneuerbarer Energiesysteme, lokal, national und global, um schnellstmöglich 100% der Wärme-, Elektro- und Transportenergie regenerativ bereitzustellen.

2. Umgehende Beendigung des Kohleabbaus und der Kohleverbrennung weltweit.

3. Rapides Drosseln bis zur vollständigen Beendigung der Erdölverbrennung in allen lokalen, nationalen und weltweiten Wirtschaften.

4. Drastische Reduktion des weltweiten Fleischkonsums und Orientierung auf eine pflanzliche Ernährungsbasis, um die Zerstörung der Ökosysteme durch die ressourcenintensive und ineffiziente Fleischproduktion einzuschränken.

5. Extraktion von Treibhausgasen aus der mit ihnen übersättigten Atmosphäre, durch

  • massive Programme zur Aufforstung und Regeneration gesunder Feuchtgebiete auf allen Kontinenten – und sofortiger Stopp der Rodung von Regenwäldern;

  • Anhebung des organischen Humusgehaltes in städtischen Parkflächen und landwirtschaftlichen Böden;

  • Umstieg von der industriellen Landwirtschaft auf biologische Anbaumethoden;

  • Ersatz der Verbrennung organischer Abfälle durch Kompostierung und Verkohlung, um Emissionen zu reduzieren und die biologische Kohlenstoffspeicherung im Boden zu steigern;

  • rapide Ausweitung der CO2-Extraktion im industriellen Maßstab aus der Atmosphäre und ihre langfristige Bindung in karbonhaltigen Materialien;

6. Stilllegung aller Kernkraftwerke und Beendigung neuer Bauprogramme. Die rund 450 Kernreaktoren weltweit liefern nur wenige Prozent der globalen Endenergieversorgung und bergen enorme Risiken für Mensch, Umwelt, Sicherheit und Wirtschaft – auch schon ohne die zunehmenden Klimarisiken, die deren Betrieb und Wartung kompromittieren werden. Zudem benötigt die Kernkraft enorme Investitionen, die dann dem schnellen Ausbau der Infrastrukturen für Erneuerbare Energien fehlen.

EUROSOLAR ruft dazu auf, diese Sofortmaßnahmen in die öffentliche Politik, nationale und internationale Aktionspläne und in lokale und regionale freiwillige Maßnahmen aufzunehmen.

 

Für weitere Informationen bezüglich dieser Initiative und unserer Arbeit kontaktieren Sie gerne: Ines.Bresler@EUROSOLAR.de

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