Das Kohle(-ausstiegs)-gesetz: Wer und was wirklich begünstigt wird

Der Gesetzesentwurf in Kürze Ein Jahr nach dem Entwurf der Kohlekommission wurde das Gesetz zur Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung vom Bundeskabinett beschlossen. Laut diesem soll Deutschland bis spätestens 2038 aus der Kohle ausgestiegen sein. Ob ein Ende der Kohleverstromung bereits im Jahr 2035 erfolgen kann, soll 2032 geprüft werden.

Für die Umsetzung des Zieles, den Emissionsausstoß in Deutschland zu verringern, sind eine stufenweise Reduzierung der Nennleistungen von Braunkohlekraftwerken sowie die Stilllegung der Steinkohlekraftwerke durch ein Ausschreibungsverfahren geplant.

Hierfür stellt der Bund Gelder in Höhe von über 40 Milliarden Euro für betroffene Bundesländer zur Verfügung sowie weitere 4,8 Milliarden Euro für die Zahlung von Entschädigungsgeldern an die Betreiber der Braunkohlekraftwerke. Die Steinkohlekraftwerke hingegen erhalten keine Ausgleichszahlungen. Wer bis zum Jahr 2026 an keiner Ausschreibung mit Unterbietungsverfahren teilgenommen hat, erhält keine Entschädigung und unterliegt gesetzlich verpflichteten Abschaltungen.

„Kohleausstieg“ – Ein Lippenbekenntnis

Schon jetzt lässt sich sagen, dass ein frühzeitiger Ausstieg mithilfe der momentanen Maßnahmen und Regelungen nicht erfolgen wird. Die Abschaltung der meisten Braunkohlekraftwerke erfolgt voraussichtlich erst ab dem Jahr 2029, die gesetzlich verordnete Abschaltung der Steinkohlekraftwerke beginnterstnach der Beendigung der freiwilligen Ausschreibungsverfahren bis Ende 2026.

In diesem Tempo ist sogar ein Ausstieg bis zum Jahr 2035 fragwürdig. Dabei wäre mithilfe der richtigen Maßnahmen und Regelungen zur Abschaltung in Verbindung mit einem schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien ein Ausstieg bereits vor dem Jahr 2030 möglich.

Gleichzeitig ist dies auch zwingend notwendig, wenn Deutschland sowohl seine nationalen Klimaziele als auch die des Pariser Klimaabkommens einhalten möchte.

Laut Gesetz sollen im Jahr 2030 immer noch 17 Gigawatt Leistungen aus Kohle entnommen werden, dies entspricht beinahe der doppelten Leistung der im Klimaschutzplan der Bundesregierung für 2030 vorgesehenen. Für die Erreichung einer Reduktion der CO2-Emissionen um 55 Prozent bis zum Jahr 2030 fehlen klare Regelungen zu stärkeren Emissionsobergrenzen.

Der Ausbau Erneuerbarer Energien muss schneller erfolgen und die Hindernisse durch beispielsweise den 52-Gigawatt-Solardeckel und Abstandsregelungen für  Windräder müssen beseitigt werden. Stattdessen müssen ehemalige Subventionsgelder für Kohlekraftwerkein den Ausbau der Wind- und Sonnenenergie investiert werden.

Der aktuelle Gesetzesbeschluss begünstigt neben den Braunkohlekraftwerksbetreibern lediglich die Aufschiebung der Zielumsetzung, da die stufenweisen Vorgaben prozentualer Leistungsminderungen mit Zwischenschritten von acht Jahren schnell zu Untätigkeit führen. Die zusätzliche Einführung linearer Schritte würde demnach nicht nur eine verpflichtende Umsetzung der Maßnahmen herbeiführen, sondern auch einen abrupten Arbeitsplatzwegfall verhindern sowie sozialverträgliche Übergänge in Form von Qualifizierungsmaßnahmen erleichtern.

Kraftwerksbetreiber profitieren vom „Ausstieg“

Fragwürdig ist, ob die enormen Zahlungen an die Betreiber von Braunkohlekraftwerken  gerechtfertigt sind oder ob die Steuergelder für etwas aufgewendet werden, das durch den natürlichen Marktmechanismus früher oder später sowieso erfolgen würde. Denn die Konkurrenz der subventionierten Kohle durch Erneuerbare Energien wird immer größer. Besonders Solar- und Windtechnologien bieten kostengünstige und effiziente Alternativen zur klimaschädlichen Kohleverstromung.

Trotzdem sollen 4,8 Milliarden Euro an Entschädigungsgeldern für die Stilllegung der Braunkohlekraftwerke aufgewendet werden. Dabei waren bereits im Jahr 2018 nur noch knapp 60.000 Beschäftigte in der gesamten Braunkohleindustrie aktiv. Wenn man dies in Relation zu fast hunderttausend verlorengegangenen Stellen in dem Erneuerbare Energien-Sektor innerhalb der letzten Jahre sieht, für die keinerlei Entschädigungen gezahlt werden, wird deutlich, wie ungerechtfertigt diese Zahlungen sind.

Klimaschutz braucht sofortigen Kohleausstieg

Was wir für einen effektiven und schnellen Kohleausstieg wirklich brauchen, sind ein sofortiges Ende der Subventionen und maßlosen Entschädigungszahlungen an Kohlekraftwerksbetreiber, ein striktes Neubauverbot der Kraftwerke und ein gleichzeitig schneller und dezentraler Ausbau Erneuerbarer Energien. Außerdem muss neben der Stilllegung alter und emissionsreicher Kraftwerke eine lineare, verpflichtende Reduzierung der Leistungen aller restlichen Kohlekraftwerke eingeführt werden, um die stufenweisen Ziele, die noch zu weit in der Zukunft liegen, zu ergänzen.

Die zur Verfügung gestellten Gelder müssen in Strukturhilfen in Form von sinnvollen Qualifizierungsprogrammen und Weiterbildungsmaßnahmen für die Vermittlung der Beschäftigten investiert werden. Und es bedarf gesetzliche Änderungen zur Abschaffung des Photovoltaik-Deckels sowie der Abstandsregelungen von Windrädern.  Zuletzt muss streng darauf geachtet werden, dass die dauerhafte Löschung der durch das Gesetz freiwerdenden Emissionszertifikate auch tatsächlich erfolgt, um der Gefahr entgegenzuwirken, keine CO2-Senkung durch den Kohleausstieg zu erzielen.

Anstatt neue Kraftwerke wie Datteln 4 ans Netz zu bringen, muss Deutschland ein klares Zeichen für die Energiewende setzen.

Nur, wenn diese Punkte in Einklang miteinander kommen, kann Deutschland seine Klimaziele realistisch verfolgen und bis 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen.