Neues Jahr – alte Probleme

Aus dem Kuratorenkanal von Claus P. Baumeister: Corona haben wir nun weitestgehend hinter uns gelassen, zumindest sofern das insbesondere zum chinesischen Neujahrsfest wütende Virus keine gefährlicheren Varianten hervorbringt, aber alle anderen menschengemachten Krisen kokeln weiter, weil die Verantwortlichen keine Einsicht in die Bedrohungslage und eigene Fehlentscheidungen entwickeln. Das gilt sowohl für die Zerstörungswut des Kriegsverbrechers Putin, der nicht nur die Ukraine zerlegt, sondern Weltklima und -ressourcen zusätzlich massiv belastet, als auch für die meisten Regierungen, die nach wie vor nicht ernsthaft dem Klimawandel begegnen, sondern sich weiterhin kurzsichtig und wachstumsorientiert von ökonomischen Zielen und Lobbyisten treiben lassen.

Bis auf die kleine Gruppe der Aktivisten (ob man sich als „Letzte Generation“ auf der Straße festkleben muss, sei in Frage gestellt, rechtfertigt aber keineswegs das Unwort des Jahres „Klimaterroristen“) scheint man sich daran gewöhnt zu haben, die Fehlentscheidungen hinzunehmen, es sei denn, man ist selbst wirtschaftlich betroffen. So kommt es, dass die mit der Gießkanne – pardon, einem „Doppelwumms“ – verteilten dreistelligen Milliardenbeträge selbst von Opposition und Sozialverbänden als zu wenig und nicht etwa als völlig falsch verteilt bemängelt werden. Was hätte man mit diesen Summen im Sinne der Transformation anstoßen können, um Energiesicherheit und Klimaschutz mit Erneuerbaren Energien sowie mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit von autokratischen Staaten (auch von China) zu fördern.

Stattdessen hält man an bestehenden Strukturen fest und erdreistet sich sogar, CO2-Reduktionsziele krass zu verfehlen und in einigen Sektoren die seit Jahrzehnten bestehende Nullreduktion in die Zukunft zu prolongieren. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass der s.g. „Mobilitätsgipfel“ im Kanzleramt wieder einmal zum reinen Autogipfel entartet ist. Bahn, ÖPNV und Fahrrad kommen praktisch nicht vor, die Auto-Lobby ist vertreten und der „Freie-Fahrt-für-freie-Bürger“-Verkehrsminister Wissing verhindert zuverlässig das längst fällige generelle Tempolimit, das Gegensteuern zum Leistungs- und Größen-Wahnsinn (SUVs, auch bei neuen E-Fahrzeugen) sowie die Streichung kontraproduktiver Kfz-Subventionen.

Da wären doch dringend Großdemonstrationen der NGOs vor dem Kanzleramt fällig. Stattdessen arbeiten sich Greenpeace, F4F und andere an Lützerath ab, wobei sie in geradezu nerviger Weise in unzähligen E-Mail-Rundschreiben zum Mitmachen bei der Räumungsblockade aufrufen. Auch wenn ich bekanntermaßen Gegner der Kohleverstromung und selbst schon seit Jahrzehnten aus fossilen Energien ausgestiegen bin, muss ich dieses „Theater“ als ideologische Verbohrtheit bezeichnen.

Man mag darüber streiten, ob wir die dort im Rheinischen Braunkohlerevier lagernde Kohle zur Energiesicherheit (und zu bezahlbaren Konditionen) tatsächlich noch brauchen (via Mathematik plus ein wenig Spekulation). Aber es war nun einmal ein von den grünen Bundes- und Landes-Wirtschaftsminister:Innen Robert Habeck und Mona Neubaur mit dem RWE ausgehandelter Kompromiss. Wenn man diesen in Frage stellt, riskiert man auch den um acht Jahre vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohle. Und: Lützerath ist schon lange „tot“. Seit zwei Jahren lebt niemand mehr dort. Die „lebenserhaltenden“ Maßnahmen der Aktivisten sind inzwischen obsolet.

Nicht zuletzt sollten die Aktivisten einmal nachrechnen (lassen), wie nah der CO2-Ausstoß von dem jetzt promoteten LNG samt Kompression und Transport an den der heimischen Kohle herankommt – von den exorbitanten Preisen und der Unterstützung bereits extrem reicher autokratischer Emirate einmal abgesehen. Mit dem vielen Geld können die dann wieder Fußball-WMs, Olympiaden, andere repräsentativen Großveranstaltungen und deutsche Firmen(anteile) kaufen sowie Spitzenfußballer mit 200 Mio.$ Gehalt anlocken. Ein Glück, dass Norwegen inzwischen zum Haupt-Gaslieferanten aufgestiegen ist, auch wenn man die CCS-Ambitionen dort mit gemischten Gefühlen beobachtet.

Mit herzlichen Grüßen
Claus P. Baumeister