Aus dem Kuratorenkanal von Claus P. Baumeister. Die „Randale“ in Lützerath nahm ihren Lauf. Neben kreativen, gewaltfreien Verharrungstechniken, schreckten einige Aktivisten leider nicht vor dem Einsatz von Feuerwerkskörpern und Steinen auf Polizisten zurück. Dass die rechtskräftig legitimierte Räumung letztlich rechtsstaatlich korrekt durchgesetzt wird, ist den Aktivisten bewusst. Es geht folglich ausschließlich um öffentlichkeitswirksame Aktionen mit Symbolkraft, die schon erfolgreich die ganze Medientruppe nach Lützerath gebracht haben und über Tage Aufmacher der Nachrichtensendungen wurden.
Hier muss man sich fragen, warum sich Klimaaktivisten und Politik in einem einig zu sein scheinen: Man spricht ständig von Ausstieg und wenig bis gar nicht vom Einstieg. Dieser hätte schon längst in angemessenem Umfang dem Ausstieg aus Kohle und Kernkraft vorausgehen müssen. Ohne massiven Ausbau von EE und Energieeffizienz sowie nachhaltigen Konsum ist keine Energiewende möglich. Dazu können auch junge Aktivisten beitragen, z.B. mit bewussterem Konsum, Verzicht auf SUVs, niedrigerem Innentemperaturniveau etc..
Noch verstummen nicht die Forderungen nach staatlichen Entlastungen, obgleich der Gaspreis an der Börse wieder unter das Vorkriegsniveau gefallen und damit bereits die voreilige und ungerechte Entlastung via Gaspreisdeckel und vor allem Übernahme des Dezember-Abschlages (ohnehin eine Schnapsidee des „Expertenrates“) obsolet geworden ist. Das gilt auch für die Treibstoffpreise, die ebenfalls wieder das Vorkriegsniveau unterbieten, nachdem der Staat 3,5 Mrd. € zur unsinnigen Rabattierung verbrannt hat. Natürlich haben sich die Mineralölkonzerne daran kräftig bedient – Übergewinnsteuer hin oder her. Und wie lange wird es dauern, bis der niedrige Gas-Börsenpreis bei den Verbrauchern ankommtt? Unternehmen werden auch nicht müde, mit Horrorszenarien wirtschaftlicher Entwicklung um Subventionen zu buhlen, wobei der DAX und andere Börsen seit Beginn des Jahres nur eine Richtung kennen: nach oben. Ist das geil oder eher Gier?
By the way: Robert Habecks SmartMeter-Initiative
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz möchte „moderne“ Zähler verpflichtend machen. Da reiben sich doch die Vertreter der Industrie die Hände und jeder kritische Betrachter verwundert die Augen. Was bitte ist ein „moderner“ Zähler? Fachleute sind sich einig, dass die riesigen, schwarzen, mit drehender Scheibe versehenen Ferraris-Zähler nicht dazu gehören. Das war’s dann auch mit der Eindeutigkeit. Ist ein eHZ (elektronischer Haushaltszähler) „modern“, obgleich er schon mehr als ein Jahrzehnt im Einsatz ist? Ist er sogar „intelligent“?
Gibt es überhaupt „intelligente Messeinrichtungen“? Oder wird ein Zähler erst durch ein (ebenfalls verpflichtendes?) Internet-Gateway „intelligent“? Vielleicht wird dann aber eher die „Intelligenz“ im Backend mit detaillierten Daten über die Lebensführung der Hausbewohner gefüttert. Und der Nutzen für die Energiewende? Gleich null! Wer hat Habeck da etwas Positives geflüstert, mit dem sich die Mehrkosten rechtfertigen lassen? Besseres Netzmanagement? Ein Märchen. Günstigere flexible Tarife? Darauf kann man in der Breite noch lange warten und auf jeden Fall mit nicht nachvollziehbaren Abrechnungen rechnen. Wer bitte klärt Habeck mal auf, bevor er sich weiter von Netzbetreiber- und Industrielobby treiben lässt?
Das alles, ja vielleicht sogar der Klimawandel selbst, würde allerdings von einem Szenario in den Schatten gestellt, mit dem der machtsüchtig durchgeknallte Kreml-Herrscher bereits offen droht – dem Einsatz von Atomwaffen. Im Gegensatz zu den anderen Problemen, sehen oder suchen da leider viel zu wenige Handlungsspielraum, nicht durch Verweigerung von Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine, sondern nur durch Sieg oder Niederlage von Putins „Spezialoperation“. Vielleicht könnte ein Seitenwechsel Chinas – natürlich allein im wirtschaftlichen Interesse – helfen. Mag Xi, dessen imperialistische Ansprüche oft als als kaum denen von Putin nachstehend dargestellt wird, diesen Sinneswandel vollziehen?
Aber lassen wir uns nicht entmutigen, wenigstens an den Schrauben zu drehen, für die wir schon lange angemessene Werkzeuge besitzen. Wir müssen sie nur nutzen.
Mit herzlichen Grüßen
Claus P. Baumeister