Stellungnahme zur Photovoltaik-Strategie

Aus dem Kuratorenkanal von Claus P. Baumeister

Claus P. Baumeister ist dem Aufruf von Sven Giegold, Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefolgt und hat Stellung zum BMWK-Entwurf einer PV-Strategie genommen:

Sehr geehrter Herr Minister Dr. Habeck, sehr geehrte Autor:Innen des Entwurfes,

zunächst einmal ganz herzlichen Dank dafür, dass jetzt endlich eine ernsthafte Initiative erkennbar ist, der PV und anderen regenerativen Energiequellen den Stellenwert einzuräumen, den sie im Sinne von Klimaschutz und energetischer Versorgungssicherheit dringend benötigen – auch wenn es schwer fallen dürfte, die Versäumnisse der letzten 10 Jahre mit Destruktion unserer Solar- und Windkraft-Industrie wieder auszugleichen. Dazu bedarf es wirklich jedes denkbaren Beitrags, der weder an finanziellen noch an regulatorischen Hürden scheitern sollte.

Als IT-Unternehmer und privater Investor mit jahrzehntelanger Erfahrung in Entwicklung, Herstellung und Betrieb von PV-Anlagen mit Speicher, Plusenergie-Passivhäusern, Gebäudeautomation mit Lastmanagement, Sektorenkopplung von Wärme und Mobilität etc. sowie als Kurator bei EUROSOLAR e.V. möchte ich zum Entwurf der PV-Strategie Stellung nehmen.


2. Einleitung:

Die in der Einleitung genannten fünf dominierenden Energiequellen würde ich auf zwei reduzieren, nämlich PV und Windkraft. Die Unterscheidung von Wind an Land und auf See halte ich für überflüssig und unnötig verwirrend, denn sie verwenden – unter leichten Abweichungen in der technischen Umsetzung – die gleiche Energiequelle an verschiedenen Standorten. Sonst könnte man neben einem „Wind-an-Land-Gesetz“ auch noch ein „Wind -in-der-Eifel-Gesetz“ oder ein „Wind-im-Hunsrück-Gesetz“ auflegen.

Die Quelle „Importe von erneuerbarem Strom“ sollte ebenso tabu sein wie „Kraftwerke, die grünen Wasserstoff nutzen“. Erstere setzt voraus, dass Deutschland beim Ausbau der EE in Europa hinterherhinkt, also erneuerbaren Strom aus Nachbarländern importieren muss bzw. kann, weil diese einen Überschuss erzeugen, was selbst unter Einbeziehung von absurderweise als nachhaltig deklarierter Atomkraft nicht einmal Frankreich auf absehbare Zeit leisten kann – erst recht nicht unter dem absehbar steigenden Kühlwassermangel aufgrund ausgetrockneter Flüsse.

Und wann wird der letzte Protagonist des Wasserstoff-Hypes begriffen haben, dass H2 kein Primärenergieträger ist, sondern seine Erzeugung und Rückverstromung mit einem Wirkungsgrad nahe 20% (bis 40% bei Nutzung der Elektrolyse- und Brennstoffzellenabwärme) hoffnungslos ineffizient ist und mit zunehmenden Transportwegen noch ineffizienter wird? Die Elektrolyse ist also allenfalls bei einem Überangebot von erneuerbarem Strom angezeigt, anstatt Windräder oder PV abzuregeln. Dann sollte der Wassserstoff allein für mittelfristig nicht elektrifizierbare Prozesse, z.B. in Schwerindustrie und Flugverkehr (mit leider noch ineffizienterem synthetischen Kerosin) Verwendung finden, aber nur als ultima ratio  zur Rückverstromung und keinesfalls zum weiteren Betrieb von Brennstoffzellen- oder gar Verbrennerfahrzeugen mit e-Fuel-Treibstoffen.

Warum sich der auf 22 GW/a geplante PV-Ausbau unbedingt hälftig auf Dach- und Freiflächenanlagen aufteilen muss, erschließt sich mir nicht und gehört wohl zu den überflüssig detaillierten Planungsansätzen, die mit Sicherheit von der marktbestimmten Realität kassiert werden. Letztlich benötigen wir alle denkbaren Zubaupotenziale, also auf Dächern (von was auch immer), Fassaden, in Gärten und sonstigem Freiland (ohne Flächen unnötg zu versiegeln oder die Biodiversität einzuschränken), als Agri-PV in kombinierter Nutzung mit Landwirtschaft oder als Foating-PV auf Gewässern (mit deutlich zu lockernden Regularien). Hier ist die vielbeschworene Technologieoffenheit gefragt und nicht bei der unbrauchbar ineffizienten Alternative von e-Fuel-betankten Verbrennern zu vollelektrischen Fahrzeugen.

Der „Vision für PV im Jahre 2035“ mag man grundsätzlich zustimmen, aber sie ist deutlich zu wenig ambitioniert. Die meisten Punkte sollten bereits 2030 oder sogar früher voll erfüllt sein.


3. Handlungsfelder

Wie bereits festgestellt, wird viel zu kleinteilig damit umgegangen, wo eine PV-Anlage installiert wird, sei es auf der Freifläche, irgendeinem Dach, einer Fassade oder sonstwo. Prinzipiell muss man eine PV-Anlage wo auch immer auf eigenem Grund und Boden installieren können, wenn nicht substantiierte Interessen anderer dadurch beeinträchtigt werden. Es kann nicht sein, dass man einfacher ein Schwimmbad im heimischen Garten bauen kann, als eine erdnahe PV-Anlage, die niemanden stört.

Auch die verwirrenden Vergütungssätze je nach Installationsort sind wenig hilfreich. Eine Dachanlage muss nicht zwangsläufig kostenintensiver als eine gleichgroße Freilandanlage sein. Kostenrelevanter ist jedenfalls die Anlagengröße (Leistung). Hier wird allerdings um jeden €¢ gerungen, während die Steuerzahler spekulativ überhöhte Strompreise jenseits der 40 ¢ mit dem „Gießkannen“-Entlasungspaket Strom(+Gas)preisbremse subventionieren. Das steht in keinem angemessenen Verhältnis, auch wenn sich diese Kostenansätze nicht direkt miteinander verrechnen lassen. Die Vergütungssätze für PV-Einspeisung müssen nur rentabel sein, um zu entsprechenden Investitionen zu motivieren. Ob man dann mit der einen oder anderen Anlagenart ein wenig finanziellen Mehrertrag erzielen kann, ist eher irrelevant. Man investiert in das, was möglich und wirtschaftlich ist.

Fragwürdig ist auch, Volleinspeiseanlagen grundsätzlich besser zu vergüten. Immer noch hat man den Eindruck, dass der Eigenverbrauch nicht gerne gesehen wird, obgleich er doch die sinnvollste und effizienteste Nutzungsart darstellt, die zudem die Netze entlastet und unter Einbeziehung von Batteriespeichern die Volatilität nicht nur hinsichtlich der flukturierenden Energiequellen, sondern auch auf der Verbrauchsseite erheblich senkt. Ohnehin sollte Strom möglichst dort erzeugt werden, wo er ge-/verbraucht wird. In sofern macht es keinen Sinn, Volleinspeiseanlagen generell besserzustellen, sondern nur dann, wenn wirklich kein Eigenverbrauch zu einem angemessenen Anteil erzielt werden kann und damit die Wirtschaftlichkeit gefährdet wäre – natürlich muss auch EE-Strom für die Allgemeinheit produziert werden. Umgekehrt rechtfertigt sich eine Kürzung der Vergütung nur dann, wenn die Wirtschaftlichkeit der Anlage bereits durch einen wesentlichen (x%?) Eigenverbrauchsanteil sicherzustellen ist.

Im Übrigen wäre als Boost mal eine Investitionszulage denkbar, die sofort wirksam sein könnte und sich nicht erst über eine langjährige Einspeisevergütung amortisieren muss. Als solche ist allerdings auch schon die neue USt.-Freiheit der Anlageninvestition zu sehen.

Grundlegend überdenken müsste man den Umgang mit Leistungsgrenzwerten der Anlagen. Die kWp-Werte werden zunehmend irrelevant und sind bei Eigenverbrauchs-optimierten Anlagen mit lokalem Lastmanagement häufig viel höher als die maximale Einspeiseleistung des Wechselrichters, die sich schon eher als Grenzwert eignen würde. Bei einer Ausstattung mit Batteriespeicher, die netzdienlich für alle Anlagen zu fordern wäre, wird sogar dieser Wert selten erreicht. Zudem muss man auch die Bilanzierungsrisiken bei Überschusseinspeisung jenseits der 100 kW relativieren. Schließlich kann dieser Wert schon von einem einzigen Verbraucher (z.B. einer Schnellladesäule) locker übertroffen werden. Abregelungen sollte es grundsätzlch nicht mehr geben, wenn die Speicherkapazitäten angemessen ausgebaut, flexible Hochlasten einbezogen und verbleibende Überschüsse in Form von Wärme oder – hier „erlaubtem“ – Wasserstoff gespeichert werden.

Die spitzfindige „Solarstadl“-Regelung am Ende der Seite 14 mit einer Stichtagsverschiebung, um bis zu 10 Jahre alte Nebengebäude weiter für PV zu bevorzugen, mag man als regulatorische Realsatire zur Kenntnis nehmen. Muss man ein „Solarstadl“ mehr ächten als irgendwelche Gartenhäuser, Schuppen, überdachte Terrassen oder Pergolas ohne PV? Who cares? Wenn man allerdings den absurd konstruierten Unterschied zwischen Dach- und Freilandanlage nicht auch noch nachteilig auf kleine Garten-PV auslegen würde, gäbe es keinen Grund, letztere ohne Beschattungsprobleme auf „Solarstadl“ zu installieren.

Apropos Beschattungsprobleme. Solche treten nicht selten auf, wenn PV-Anlagen oder Passivhäuser, die auf weitgehend ungehinderte Sonneneinstrahlung angewiesen sind, von großen Bäumen (insbesondere Nadelbäumen wie Fichten) in Nachbargärten ausgebremst werden. Solche Bäume gehören in den Wald und nicht in heimische Gärten, wobei niedrige Strauch-, Busch- oder Heckenbepflanzungen ohnehin eine effektivere CO2-Senke und mehr Biodiversität bieten. Die üblichen Grenzbepflanzungsregeln reichen leider nicht aus, für die Energiewende widersinnige Gartenbegrünungen auszuschließen. Zumindest wäre hier eine der Duldungspflicht für den Anschluss von Freiflächenanlagen mit Kostenübernahme (3.5c) äquivalente Regelung anzudenken.

Hier passt auch der am Ende der Seite 15 genannte Punkt „Garten-PV vereinfachen“ unter „Weitere Themen, derzeit in Prüfung“. Auch die anderen Punkte dieser Aufzählung sind grundsätzlich zu begrüßen.

Der ebenfalls auf Seite 15 angemahnte Bürokratieabbau (nicht nur) beim Parallelbetrieb von zwei Anlagen auf einem Dach (oder sonstwo?) ist unbedingt zeitnah umzusetzen, weil der Fall immer häufiger auftritt. Dabei muss auch dem Parallelbetrieb einer neuen mit einer Post-EEG-Anlage Rechnung getragen werden, was in der Praxis sogar bei den Netzbetriebern noch Neuland zu sein scheint.


Exkurse

Zu den Exkursen „Speicher als Querschnittsaufgabe“ und „PV und Speicher“ wäre zunächst anzumerken, dass diese Themen wie die „Digitalisierung der Energiewende“ zu sehr top-down gedacht und die verschiedenen Netzebenen vermengt werden. Der Speicherbedarf muss nicht nur durch einen ausgewogenen Energiemix von Wind und Solar sowie durch Netzausbau minimiert werden, sondern insbesondere durch Speicher und Lastmanagement auf jeder Netzebene. Dabei ist es weder sinnvoll, noch selbst mit KI-gestützter zentraler Steuerung wirklich machbar, via SmartMeter-Gateways in Millionen von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen einzugreifen. Ein resilientes Stromnetz braucht nicht nur dezentrale Erzeuger mit Speicher, sondern auch dezentrale Steuerungen.

Deshalb sollte jede (nicht nur jede zweite neue) PVA über einen dezentralen Batteriespeicher verfügen. Eine entsprechende Pflicht, z.B. mit einer Kapazität von mindestens 0,5 kWh je kWp Generatorleistung, könnte durch Förderung abgefedert werden, wenn die Preise für LiION-Batterien nicht angemessen (mindestens auf das Kalkulationsniveau der E-Autobauer) sinken. Vor Ort muss dann ein lokales Lastmanagement im privaten Netz zumindest die fakultativen Hochlasten (Wallboxen, Wärmepumpen, Haushaltsgroßgeräte) mit der PV-Leistung und dem Batterieladestand (SoC) koordinieren.

Optimal wäre eine durchgreifende Gebäudeautomation, die alle elektrischen Verbraucher unter bedarfsgerechter Steuerung einbezieht. Eine solche hat sich aber auch nach mehr als 30 Jahren technischer Machbarkeit und dem seit 10 Jahren erkennbaren SmartHome-Hype in der Breite nicht durchgesetzt, jedenfalls nicht über das Niveau rudimentärer Insellösungen und Gamification hinaus. An den Kosten scheitert es nicht (mehr), eher an mangelndem Know-how und Kapazitäten in der dazu unabdingbar erforderlichen Fachplanung.

Ziel muss jedenfalls sein, die Prosumer-seitige Volatilität am Übergabepunkt zum öffentlichen Netz schon ohne Eingriff des Verteilnetzbetreibers bestmöglich zu reduzieren. Letzterer hält sich somit aus der 400V-Niederspannungsebene weitgehend heraus und konzentriert sich auf die Mittelspannungsebene jenseits von 10 kV mit zusätzlichen Erzeugungsanlagen (Groß-PV und Windkraft), Großspeichern und flexiblen Lasten als Regelenergie-Komponenten. Auch hier sollte regional eine möglichst ausgewogene Netzlast entstehen, die erst als ultima ratio von der Hoch- und Höchstspannungsebene der Übertragungsnetze ab 110 kV mit Offshore-Windenergie, Groß(reserve)kraftwerken, Pumpspeicher etc. ergänzt werden.

Richtigerweise wird die erneute Nennung des „Heilsbringers“ Wasserstoff unter Punkt 4. relativiert. Wie oben bereits ausgeführt, bedarf die (ineffiziente) Elektrolyse eines Überschusses regenerativen Stroms im Netz, und die zusätzlich Wirkungsgrad-reduzierende Rückverstromung in Brennstoffzellen sollte nur im Ausnahmefall den sinnvolleren Einsatz des „grünen“ H2 in (noch) nicht elektrifizierbaren Flugzeugen und Industrieprozessen ersetzen.

Überschätzt wird das Potenzial von Schwarmspeichern, wie sie beispielsweise mit dem Vehicle2Grid-Modell propagiert werden. Bei e-Autos befördert dies den Trend zu überhöhten Akku-Kapazitäten mit mobilitätswidrigem Gewicht und ist technisch (bidrektionales Laden, aufwändige Wallboxen etc.) und tariflich nicht unproblematisch umzusetzen. Zudem widersprechen häufig die persönlichen Nutzungs- und Reichweitenanforderungen den netzdienlich motivierten Regeleingriffen von außen. Deshalb liegt eine Verwendung der Auto-Batteriekapazitäten als erweiterte Heimspeicher im Sinne von Vehicle2Home näher und bliebe so auch unter lokaler Kontrolle des Halters.

Auf eine weitere Vertiefung des V2G-Themas wird an dieser Stelle verzichtet, weil sie den Rahmen dieser Stellungnahme sprengen würde. Eine Anmerkung sei aber noch erlaubt: Batteriefreundlicher und netzdienlicher ist die langsame Ladung von E-Autos mit 2 kW, wenn lange Standzeiten zuhause oder an der Arbeitsstelle dies möglich machen und die Fahrzeuge überwiegend auf der Kurzstrecke betrieben werden..


3.3  Mieterstrom

Anmerkung: Bei dem sonst so „verbissen“ gendergerecht abgefassten Entwurf müsste es doch eigentlich „MieterInnenstrom“ oder „Mietendenstrom“ heißen – oder?

Unabhängig von Gender Correctness, darf man den Begriff „Mieterstrom“ und die damit verbundenen Fehlregulierungen grundsätzlich anzweifeln. Was bitte geht den Gesetzgeber oder Netzbetreiber an, ob und in welchem Umfang selbst erzeugter Strom im eigenen privaten Hausnetz verbraucht wird? Ebenso könnte er sich in die Anschaffung von Verbrauchsgeräten, die Verwendung von solarthermisch erzeugter Energie, den mieterseitig geteilten Salat aus dem Garten oder was auch immer im privaten Bereich kümmern. Es ist also völlig unangebracht und verstößt vermutlich gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn ausgerechnet privat erzeugter und verbrauchter Strom der externen Kontrolle unterliegt.

In sofern sollte „Mieterstrom“ vom Gesetzgeber und Netzbetreiber nicht anders gesehen werden als Eigenverbrauch. Zu regeln wären allenfalls die formalen Bedingungen zur Abrechnung mit den Mietern sowie der Abbau rechtlicher Hürden und „Lieferantenverpflichtungen“, die den Vermieter völlig überflüssigerweise zum Stromversorger machen und damit quasi dem Großkraftwerkbetreiber rechtlich gleichstellen. Stattdessen müsste es ohne formale Hürden möglich gemacht werden, den Eigenverbrauch im Hausnetz anteilig auf die Mieter umzulegen, wobei nur Eckpunkte für die zulässige Bepreisung festzulegen sind, z.B. der günstigste Bezugspreis oder Grundversorgertarif minus x% mit impliziten Vorteilen auch für die/den MieterIn, sodass es keine Ablehnungsgründe für den lokalen Strom gibt.

By the way: Die Zeit ist reif für eine Neuregelung der Strommarktordnung, die EE nicht mehr als Exoten behandelt (z.B. mit dem EEG), sondern in das Zentrum stellt und die fossilen Quellen ausdrücklich nur temporär begleitend duldet. Fällig wäre auch die Ablösung des zu Marktverwerfungen führenden Merit-Order-Prinzips. Die nachträgliche Abschöpfung von sogenannten Übergewinnen stellt jedenfalls keine praktikable Alternative dar.


3.4 Balkonkraftwerke

Hier hat der Gesetzgeber lange genug geduldet, dass Regelungen allein im Interesse von Netzbetreibern und Elektroindustrie bzw. -handwerk mit an den Haaren herbeigezogenen Begründungen durchgesetzt wurden. In sofern war es längst überfällig, die Schuko-Steckdose anstelle der teuren „Wieland“-Dose als anschlusstauglich zu akzeptieren. Schließlich haben unzählige Tests die Schnellabschaltung des Wechselrichter-NA-Schutzes bei Netztrennung innerhalb von Millisekunden belegt und somit keine technisch-physikalisch belastbare Begründung mehr geliefert, eine höhere Gefährdungseinstufung zu rechtfertigen als für andere Haushaltsgeräte – insbesondere solche mit induktiven Lasten (Motoren) mit zurückfließendem Strom bei Netztrennung.

Dass die Leistungsgrenze von 600 auf 800 W angehoben werden sollte, wird inzwischen sogar vom ansonsten so restriktiven VDE gefordert, birgt keine wesentlichen Risiken und wird im EU-Ausland bereits praktiziert. Rückwärtsdrehende alte Ferraris-Zähler stellen übergangsweise bis zum Ersatz durch eHZ oder andere „intelligente“ Zähler auch kein ernsthaftes Problem dar, weil die Gesamterzeugungsmenge der Stecker-PV gering und Einspeiseüberschüsse selbst bei niedriger Grundlast im Hausnetz eher selten sein dürften. Auch diese „Unschärfe“ in der Verbrauchsmessung wird in anderen Ländern bereits in Kauf genommen.

Damit würde natürlich auch das einzige Argument fallen, eine solche Anlage noch beim Netzbetreiber anmelden zu müssen. Für die Bereitstelungsplanung hätte deren Meldung ohnehin keine Bedeutung.

Gleichzeitig wäre auch die Meldepflicht im MaStR der BNetzA zu hinterfragen, die ohnehin massenhaft (geschätzt zu 50%) von den Betreibern ignoriert wird. Was soll diese Meldung wirklich bringen, wenn man mal von einer ohnehin unscharfen statistischen Auswertung absieht? Folglich müsste auch diese Pflicht entfallen, Bürger:Innen also eine Stecker-PV so einfach und formfrei erwerben und anschließen können wie einen neuen Kühlschrank oder eine Waschmaschine.

Ohnehin wird das MaStR auch bezüglich größerer privater PV-Anlagen zunehmend fragwürdig. Welche Erkennnis leifert die Feststellung, dass ein Gebäude über eine 10kWp-PV-Anlage verfügt? Keine. Eigenverbrauchsanteil und Batterienutzungsgrad bleiben extern unbekannt. Die maximale Last auf dem Netzanschluss wird in der Gegenrichtung bereits von einem nicht meldepflichtigen Durchlauferhitzer, einer Sauna oder einer Wallbox übertroffen und Verbrauchseinsparungen schlagen sich in keinem Register nieder. In Zukunft werden wir von einer isolierten Betrachtung von PV-Zubau und Gesamtleistung abgehen und mehr die Bilanz im Auge behalten müssen, die natürlich deutlich durch Einsparungen einerseits, aber auch zusätzliche Verbraucher (E-Autos, Wärmepumpen, zunehmnde IT und UE) andererseits positiv oder negativ beeinflusst wird.

Wie oben bereits ausgeführt, halte ich auch das angeblich für die Energiewende notwendige SmartMeter-Rollout und dessen aktive Beschleunigung für überflüssig. Ohne Gateway zum Internet kann es allenfalls zur bescheiden differenzierteren Information für Verbraucher:Innen bzw. Prosumer:Innen beitragen, und mit Gateway riskieren diese engmaschige und profilingfähige Datenabflüsse (nicht primär zu Hackern, sondern zu den autorisierten Empfängern und deren Drittverwertern mit eigenen Geschäftsmodellen) sowie ungewollte Anlageneingriffe von außen. Das Thema „Digitalisierung der Energiewende“ ist allerdings zu komplex, um es an dieser Stelle hinreichend zu beleuchten (wäre aber trotzdem dringend angezeigt).


3.5 Netzanschlüsse

Die vorgesehene Duldungspflicht für den Anschluss von PV-Freiflächenanlagen über fremde Grundstücke gegen Entschädigung muss unbedingt auch auf andere Anforderungen erweitert werden. Im Fokus stehen dabei auch E-Auto-Ladeeinrichtungen, die straßenseitig zugänglich gemacht werden müssen. Häufig befinden sich Gebäude mit PVA hinter Fußgänger-Zuwegungen oder Innenhöfen einer Gebäudegruppe. Hier muss entweder die Befahrung eines ausreichend breiten Fußweges zum Zweck der Ladung zugelassen (oft durch Behörden verhindert) oder aber das Legen einer Leitung durch Nachbargrundstücke oder öffentliche Flächen zur Straße ermöglicht werden. Man muss sich schon wundern, dass die üblichen Verfahrensweisen bei Strom-, Kommunikations- oder Breitbandnetzen hier noch nicht angewendet werden. In diesem Zusammenhang sei auch noch mal auf die oben beschriebene Durchsetzung von zumutbarer Beschattungsfreiheit für PV-Anlagen und Passivhäuser verwiesen.

Inzwischen gehören die diversen Hürden, Widerstände und überbordende Bürokratie der Netzbetreiber im Netzanschlussverfahren zu den wesentlichen PV-Verhinderern in der Breite privater PV-Investitionen. Diese Erkenntnis aus der Praxis und die daraus resultierenden Konsequenzen spiegeln sich nur unzureichend im vorliegenden Papier. Die teilweise höchst unterschiedlichen TABs der fast 900 Netzbetreiber haben einen erheblichen Anteil daran, weil sie nicht nur technischen Notwendigkeiten folgen, die auch VDE-seitig schon einheitlich festgelegt sein könnten, sondern willkürliche Anforderungen geltend machen und völlig inakzeptabel in die privaten Einrichtungen „hineinregieren“. Mit ihrer hausgemachten Verkomplizierung verhindern sie sicher einen nicht unerheblichen Teil des PV-Zubaus, weil sich die privaten Investoren von den dadurch erschwerten und verteuerten Anschlüssen abschrecken lassen. Ein Schelm, wer hier Absicht unterstellt. Warum es sich bei der Vereinheitlichung der TABs um ein „komplexes und längerfristiges Vorhaben“ handeln soll, erschließt sich mir jedenfalls nicht.

Obgleich den Netzbetreiber allein der Zähler(platz) einer privaten Anlage zu interessieren hat, schreibt er teilweise höchst unsinnige Zählerschrankgrößen, Bestückungen, Hersteller und Produkte vor, ja sogar Plätze für fiktive zukünftige Erweiterungen wie das APZ-Feld. Was geht es den Netzbetreiber an, ob der privat gekaufte Zählerschrank für irgendwelche Erweiterungen gerüstet ist? Sofern der Besitzer und Anschlussnehmer diese aus irgendwelchen Gründen später doch benötigt, ist es sein Problem, den Platz dafür zu schaffen. Ebenso könnte ein Autoverkäufer auf ein größeres Auto bestehen, weil die junge Familie irgendwann mal mit Kindern unterwegs sein mag. Das ist völlig absurd und zudem technisch fragwürdig, weil die elektronischen Komponenten grundsätzlich kompakter werden (z.B. zwei eHZ anstelle eines alten Ferraris-Zählers).

Ebenso inakzeptabel sind die manchmal monatelangen Wartezeiten auf einen Zählerwechsel. Selbst die vorgesehene Verkürzung auf einen Monat bzw. die Selbstbeschaffung sind keine angemessene Antwort auf die angeblich immer aus Kapazitätsgründen oder Nichterfüllung irgendwelcher TAB-Anforderungen verzögerten PV-Anschlüsse. Ein PV-tauglicher Zähler kann bei der Laufzeit von Anschlussanfragen und Lieferzeiten der Anlagen ohne Probleme bereits zur Inbetriebnahme einer PVA zur Verfügung stehen. Ansonsten wäre ein Betrieb am vorhandenen Zähler und nicht die Selbstbeschaffung angesagt. Im Übrigen finden viele Zählerwechsel nicht physisch, sondern nur virtuell statt, indem der Einspeiseteil eines zweiwegefähigen Bezugszählers freigeschaltet wird.

Warum es überhaupt ein „Installateursverzeichnis“, geschweige denn eines je Netzbetreiber gibt, ist ein Rätsel dieser Branche. Es ist ein Unding, dass die Qualifikation eines Elektro-Meisterbetriebes dafür nicht ausreicht. Er könnte ansonsten auch noch andere schlimme Dinge mit dem Stromnetz oder dem Hausanschluss treiben.


3.6 Akzeptanz

Den Ausführungen ist grundsätzlich zuzustimmen, auch wenn man hier wieder unnötige Differenzierungen fürchten muss. Offensichtlich gelingt es dem Gesetzgeber nicht, pragmatisch generalisierte Grundsätze zu formulieren. Ansonsten müsste man nicht ein Fördeprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ auf PV ausdehnen. Und was macht die PV in der Fachagentur „Wind an Land“? Oder besser: Warum gibt es diese sowie ein „Wind-an-Land-Gesetz“ überhaupt (s.o. unter 2.)?


3.7 Verzahnung mit dem Steuerrecht

Weltweit berüchtigt – wenn auch ohne Eintrag im Guinnes Buch der Rekorde – ist das deutsche Steuerrecht ohnehin. Man muss es nicht noch komplizierter machen, indem man für seine Anwendung auf PV diverse Anlagenleistungen unterscheidet, die kein Mensch mehr versteht. Warum Einkommensteuer-Befreiung für EFH- oder Anlagen auf Gewerbeimmobilien bis 30 kWp und für andere (mit zusätzlichen Klauseln) bis 15 kWp? Was soll das? Wenn überhaupt, wäre doch allenfalls zu unterscheiden, ob eine PV-Anlage wirklich nur „Liebhaberei“ (Klimaschutz gehört offensichtlich auch dazu) oder wirklich als gewinnorientiertes Gewerbe zu verstehen ist, was eher wie üblich am Jahresumsatz/ertrag statt an der Spitzenleistung von Modulen festzumachen wäre. Und dann gibt es noch eine USt.-Befreiung mit völlig anderen Regeln („auf oder in der Nähe von Wohnungen …“) – von der grotesken „Beratungsbefugns für Lohnsteuerhilfevereine“ mal ganz abgesehen. Auf die „nächsten Schritte und Maßnahmen“ bis zum „Wohn-Riester“ möchte ich gar nicht mehr eingehen.


3.8 Lieferketten, EU-eigene Produktion

Hier gibt es durchaus richtige Ansätze, aber darüber kann man nicht mehr diskutieren, nachdem wir unsere eigene PV- und Windkraftindustrie „entsorgt“ und uns fast gänzlich vom inzwischen immer imperialistischer und aggressiver auftretenden China des totalitären Xi abhängig gemacht haben, sondern muss unbedingt sofort handeln, weil die Wiederbelebung dieser Industrie leider viel mehr Zeit und Geld braucht, als uns lieb sein kann.


3.9 Fachkräfte(mangel)

Das Thema ist in aller Munde (nicht nur bei PV oder EE), teilweise demografisch bedingt, aber auch hausgemacht. Um kurzfristig Engpässe zu überwinden, kommt man um eine arbeitsteiligere Umsetzung von PV-Installationen nicht herum. Da es ganz unterschiedlicher Qualifikationen bedarf, eine PV-Anlage zu planen, Module zu verbauen, Wechselrichter aufzuhängen, Batterien aufzustellen, die Anlage an das Hausnetz anzuschließen und in Betrieb zu nehmen, müssen hochqualifizierte Personalressourcen restriktiv eingesetzt werden. Für die Montage von Modulen auf dem Dach eigenen sich Dachdecker besser als Elektriker, aber auch körperlich geeignete Hilfskräfte können nach ein- oder zweitägiger Einweisung diese Arbeiten übernehmen. Auch ein hohes Maß an Eigenleistung der Betreiber wäre durchaus erwünscht, scheitert aber oft am Widerstand der notwendigerweise noch einzubeziehenden Solateure.

Ein weiterer Widerspruch wäre aufzulösen. Warum beklagt die Autoindustrie nebst Zulieferer den befürchteten Arbeitsplatzverlust im Zuge der Transformation zur Elektromobilität? Wer Getriebe oder Abgasanlagen bauen kann, könnte grundsätzlich auch bei der Herstellung und Installation von PV- und Windkraftanlagen mitwirken. So könnten hundertausende Autowerker oder auch die 20.000 freigesetzten Kohlearbeiter nach Umschulung bzw. Weiterbildung in klimatechnisch und gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeiten migrieren, sei es nun in eigenen neuen Profit-Centern der betroffenen Firmen selbst oder auch außerhalb.


3.10 Technologieentwicklung voranbringen

Der Entwicklung neuer Technologien wird zuviel Bedeutung beigemessen, nicht zuletzt, weil man auf ein „Wunder“ hofft, das die Transformation bequemer und ohne tatsächlich unverzichtbare Verhaltsänderungen gestalten könnte. Dabei liegen eigenlich genügend technologische Lösungen zur regenerativen Energieerzeugung, Speicherung und effizientem Verbrauch seit Jahren bzw. Jahrzehnten vor. Man muss sie nur anwenden. Daran scheiteret es leider zur Zeit.

Eine wesentliche Aufgabe der Forschung und Entwicklung ist nicht etwa die disruptive Erfindung oder Anwendungsreife gänzlich neuer Technologien (z.B. Kernfusion), sondern die stetige Optimierung vorhandener Möglichkeiten. Da gibt es sehr ernstzunehmende Player auch in Deutschland, von der Entwicklung von PV-Modulen mit höheren Wirkungsgraden über (Na-)Batterien bis zu effizienteren Wechselrichtern. Es wäre allerdings gut, wenn wir uns bei diesen Entwicklungen nicht wieder „die Butter vom Brot nehmen“ lassen, indem wir das Know-how und die marktgängige Produktion anderen Akteuren (im Zweifel China) überlassen.

Förderungen sind unbedingt gezielter einzusetzen, um Mitnahmeeffekte weitgehend auszuschließen. Im konkreten Fall ist aber auch mal „Klotzen statt Kleckern“ angesagt (BK Scholz würde es vielleicht Forschungs-Doppelwumms nennen). Dagegen sehen die bewilligten Projektförderungen unter 50 M€ doch sehr nach Peanuts aus.

Lösungen für die „intelligente Sektorenkopplung“ gibt es übrigens seit zwei Jahrzehnten. Oftmals werden solche Lösungen aber einfach nicht ausreichend kommuniziert, entstehen jenseits namhafter Forschungsinstitute oder Unternehmen und kommen vielleicht auch ohne Förderung aus. Damit liegen sie dann auch zwangsläufig „unter dem Radar“ politischer Entscheidungsträger.


Ich möchte damit meine Stellungnahme vorerst abschließen, ohne noch auf die europäischen Instrumente unter 3.11 einzugehen. Für Rückfragen oder einen weiterführenden Diskurs stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit herzlichen Grüßen
Claus P. Baumeister