Fortsetzung der Ampel-Verwirrung – zur Wärmewende

Aus dem Kuratorenkanal von Claus P. Baumeister.

Die Folgebeschlüsse vom 31.3.2023 konnten diesen Wirrwarr sogar noch mit fragwürdigen Ausführungsdetails zur Wärmewende toppen.

Nicht einmal der wiederholte Hinweis auf das auch 2024 fortbestehende Recht, eine Öl- oder Gas-Heizung inkl. ggf. notwendiger Reparaturen weiter betreiben zu können, konnte die erhitzten Gemüter in Presse und Bevölkerung beruhigen. Noch immer haben viele nicht begriffen, dass neue Wärmeerzeuger mit 65% regenerativem Anteil nur dann überhaupt ins Spiel kommen, wenn die bestehende Heizung definitiv auszutauschen, also nicht mehr reparabel ist. Viele – auch Journalist:Innen und vielleicht sogar die Politiker:Innen selbst – wissen nicht einmal, was mit dem 65%-Anteil gemeint ist. Der Strommix zum Betreiben einer Wärmepumpe (könnte ggf. mit Eigenstromverbrauch vom Hausdach auf 100% gebracht werden), der Umwelt-Wärmeanteil aus der Luft bzw. dem Erdreich oder beides?

Das Koalitionspapier spricht von „möglichst“ – was immer das bedeutet. Man stelle sich vor, die StVO würde empfehlen, „möglichst“ nicht über eine rote Ampel zu fahren oder das StGB sollte „möglichst“ einen Banküberfall ausschließen. Und dann gibt es ja schließlich noch jede Menge Ausnahmen, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen.

Das Koalitionspapier spricht von „möglichst“ – was immer das bedeutet. Man stelle sich vor, die StVO würde empfehlen, „möglichst“ nicht über eine rote Ampel zu fahren oder das StGB sollte „möglichst“ einen Banküberfall ausschließen. Und dann gibt es ja schließlich noch jede Menge Ausnahmen, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen.

Um die Machbarkeit in einem Altbau macht man sich wenig Gedanken, obgleich es auch trotz Fortschritten in der Wärmepumpentechnik noch Gebäude gibt, die nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand auf solche Wärmeerzeuger umzurüsten sind. Entsetzen lösen immer die Kosten aus, die auch bei besserverdienenden Bürger:Innen reflexartig den Ruf nach staatlcher Förderung auslösen. Anstatt diese Förderung allein nach Sozialverträglichkeit auszurichten, also einkommensabhängig zu fördern (oder eben gar nicht), kommen so findige Ideen (mit BMF Lindner mal wieder aus der FDP) wie eine Verschmutzungsgrad-Anhängigkeit der Förderung. Was soll da wie und von wem geprüft werden? Wohl eher Missbrauchspotenzial als Machbarkeit. Und reiche Bürger:Innen mit alten, rußenden Heizungen werden dann maximal gefördert? Das passt zum bereits praktizierten Gießkannenprinzip von Tankrabatt oder Doppel-Wumms mit Energiepreisbremsen auch für Wohlhabende.

Natürlich kommen die „Freiheitlichen“ wieder mit ihrer „Technologieoffenheit“ um die Ecke, die schlicht und einfach nie im Interesse der Umwelt oder des Klimas, sondern nur im Interesse irgendeiner Lobby-Gruppe gedacht ist und immer auch „alte Hüte“ als taugliche Technologien definiert. So bleibt auch zukünftig die Pelletheizung „klimaneutral“, auch wenn hier widersinnigerweiße ganze Wälder verfeuert und neben CO2 jede Menge Schadstoffe (NOx und Feinstaub) emittiert werden (getoppt nur von Kaminöfen).

Und immer wieder kommt das Wasserstoff-Stehaufmännchen zum Zuge. „H2-ready“ sichert dann das Überleben der Gasthermen, so wie e-Fuels das der Verbrenner-Autos. „Technologieoffenheit“ wird auch hier wieder nur zum Erhalt bestehender Strukturen und Geschäftsmodelle missbraucht. Dabei ist H2 nun mal kein Primärenergieträger und muss deshalb aufwändig hergestellt werden, wobei „grüner“ Wasserstoff ein Vielfaches des regenerativen Stroms einer Wärmepumpe benötigt und damit viel zu wertvoll ist, ihn zu verheizen statt für noch nicht elektrifizierbare Verkehrsmittel (Flugzeuge) oder Industrieprozesse zu verwenden.

Kurioserweise sollen einige Bevölkerungsgruppen komplett aus der Wärmewende entlassen werden. Deren CO2-Ausstoß wird dann vermutlich irgendwie aus der Verantwortung des Bau-Ministerium herausgerechnet. Aber nein, nach der Klimaschutzgesetznovelle macht ja Wissings Verkehr gar nichts und alle anderen sparen CO2. Oder sind Bürgergeldempfänger:Innen keine Emittenten? Ich dachte, sie würden angemessen finanziell unterstützt („you never walk alone“).

Und warum „Ü80“ ein Freibrief für fossiles Weiter-so sein soll, erschließt sich auch nicht auf Anhieb. Warum gerade 80 Jahre als Grenze und warum Alter überhaupt? Was ist das für ein Kriterium? Wenn alte Menschen gezwungen sind, einen neuen Wärmeerzeuger einbauen zu lassen, kann es ihnen egal sein, ob es sich um eine Gastherme oder Wärmepumpe handelt, solange die Kosten sozialverträglich gestaltet sind. Aber da gibt es noch die äußerst sinnige Übergangslösung, eine fossile Heizung für maximal drei Jahre zu verbauen, und dann durch eine 65%-Lösung zu ergänzen oder zu ersetzen. Was soll das? Fast neue Gasthermen entsorgen? Oder dann doch verschwenderisch mit Wasserstoff betreiben („Blahblah“)?

Last but not least: Die angeblich so extrem hohen Kosten von Wärmepumpen werden von Politiker:Innen, Journalist:Innen und Bürger:Innen wie eine Naturgesetzt akzeptiert. Niemand hinterfragt, wer sich hier die Taschen auf Kosten von Gebäudebetreiber:Innen und letztlich auch der Staatskasse füllt. Wärmepumpen sind keine neue Technologie (der Autor lebt damit seit zwei Jahrzehnten), rechtfertigen also auch keine hohen Umlagen von Entwicklungskosten mehr. Und die abweichenden technischen Komponenten (Kompressor etc., nicht etwa die sowieso erforderlichen Pumpen und Speicher) sind nur wenig teurer als die einer Verbrennungsheizung. Bei der jetzt in Gang kommenden Massenproduktion sollten die Preise fallen und nicht steigen, würde hier nicht in „Goldgräbermentalität“ abgesahnt.

Ich fürchte, dieses unausgegohrene Ampel-Gehampel nimmt seinen Lauf, wird unser Klima nicht retten, aber dafür jede Menge Iriitationen und sicher auch Rechtsstreite provozieren.

Mit herzlichen Grüßen
Claus P. Baumeister