Nachsommer-Ampel-Theater, 35 Jahre EUROSOLAR, Greenpeace zur Fossil-Lobby, KlimaPaten

Der Kurator meldet sich zurück, nachdem er die Sommerpause im Wesentlichen zur Erholung genutzt und sich von politischen Phrasen (nach Greta Thunberg: „Blahblah“) in Sommerinterviews und anderen Kakophonieforen ferngehalten hat. Aber nach der Sommerpause unterscheidet sich kaum von vor der Sommerpause. Die Ampel ist weiterhin zerstritten, darf das nach Kanzler Scholz jetzt aber nicht mehr so deutlich zeigen. Dazu erfindet man ganz neue Arten von Kompromissen, z.B. wenn die Grüne Familienministerin Paus 12 Mrd. € für die Kindergrundsicherung fordert und BMF Lindner nur 2 Mrd. € dafür locker machen möchte, kommen als „fairer Kompromiss“ 2,4 Mrd. € heraus. Dass man gleichwohl an 250 € Grundbetrag je Kind auch für (super-)reiche Eltern festhält, die ohnehin schon übermäßig steuerlich profitieren, fügt sich nahtlos in die sonstige Steuergeldverschwendung der Ampel ein.

Dass man gleichwohl an 250 € Grundbetrag je Kind auch für (super-)reiche Eltern festhält, die ohnehin schon übermäßig steuerlich profitieren, fügt sich nahtlos in die sonstige Steuergeldverschwendung der Ampel ein.

Dazu gehören schließlich alle für die Transformation, Energiewende und den Klimaschutz kontroproduktiven Subventionen – vom unsinnigen Tankrabatt in 2022, über sozial unjustierte Energiepreisdeckel bis zur geplanten Überförderung von Wärmepumpen-Mondpreisen im GEG. Damit nicht genug – jetzt soll auch noch ein „Industriestrompreis“ von 5 ¢/kWh subventioniert werden, während Verbraucher:innen dafür meist 40 ¢ von den profitorientierten Versorgern „aus der Tasche gezogen“ werden. Dass die Industrie schon jetzt von viel günstigeren Strompreisen (meist <12 ¢) profitiert und die weitere Deckelung nur Großverbrauchern zugute kommen soll, ist absolut sinnwidrig und bremst den Einsatz für die Transformation. So sieht das auch DIW-Präsident Prof. Fratscher. Aber die Ampel ist ohnehin beratungsresistent gegenüber Wissenschaftlern (nicht Lobbyisten) und sogar ignorant gegenüber ihrer eigenen Expertenkommission, die ihr jüngst ein Komplettversagen hinsichtlich der Klimaziele bescheinigt hat. Aber da geht noch was. Erfinderich in Subventionsverteilung und Terminologie zieht man das „Wachstumschancengesetz“ aus dem Hut, das weitere 7 Mrd. € als „Steuerzahlerspende“ an die Industrie bereithält. Mal abgesehen von dieser Verschwendung öffentlicher Mittel, den erneuten Mitnahmeeffekten und weiterhin ungelösten strukturellen Wirtschaftsbremsen (Bürokratie, Infrastruktur, Fachkräftemangel etc.): Hat der Club of Rome nicht bereits 1972 ein Ende des Wachstums gefordert? Ein halbes Jahrhundert später ist jedenfalls noch kein entsprechender politischer Wille erkennbar, obgleich die Schäden durch die Übernutzung der Erd-Ressourcen und die Folgen des Klimawandels für jeden inzischen offensichtlich erkennbar sind. Gleichwohl wird weiterhin der Konsum angeheizt und energieintensive Industrien massiv zulasten aller anderen gewerblichen und privaten Verbraucher entlastet anstatt deren Eigenanstrengungen hinsichtlich Energieeffizienz zu fordern oder aber deren Abwanderung akzeptieren. Wir müssen dieser Lobby-getriebenen Politik massiven Druck entgegensetzen und dazu alle Kräfte der NGOs bündeln.

EUROSOLAR „feiert“ sein 35-jähriges Jubiläum im Kampf um Regenerative Energien und bittet alle Leser:innen um Unterstützung durch Mitgliedschaft und/oder Spenden. Auch wenn ein solcher gemeinnütziger Verein sparsam wirtschaftet und überwiegend ehrenamtlich geführt wird, braucht er finanzielle Mittel, um handlungsfägig zu sein.

Helfen Sie also mit, das Erbe des EE(G)-Pioniers Dr. Hermann Scheer auch in Zukunft wirksam zum Klimaschutz einsetzen zu können. Diese Aufgabe ist auch nach 35 Jahren noch längst nicht erfüllt, sondern wird angesichts der aktuell exponentiell wachsenden Bedrohungen durch den Klimawandel immer dringlicher. Allen EUROSOLR-Mitglieder:innen sei in diesem Kontext die nächste Mitgliederversammlung am 23.9.2023 ab 10 Uhr in der Bonner Zentrale empfohlen (hybrid, also in Präsenz und online). Diese ist für die zukünftige strategische Ausrichtung wichtiger denn je. Gerne können Sie sich auch als Kandidat:innen zur Vorstandswahl bewerben oder geeignete Kandidat:innen vorschlagen. Natürlich ist auch jedwede Mitarbeit herzlich willkommen. Auch andere NGOs leisten hervorragende Arbeit im Sinne des Klimaschutzes. In vielen Fällen reift inzwischen die Erkenntnis, dass die Lobby-Hörigkeit der Politik nur noch auf jurischem Weg gebrochen werden kann. Zahlreiche Klimaklagen wurden bereits von der Deutschen Umwelthilfe, GermanWatch oder Greenpeace eingebracht und weitere sind auf dem Weg, insbesondere gegen den Versuch, das Klimaschutzgesetz zur Entlastung untätiger Minister wie BMDV Volker Wissing zu entschärfen.

An dieser Stelle soll auch das letzte Greenpeace-Magazin und seine umfassende Abrechnung mit der Fossil-Lobby gewürdigt werden. Unter dem Titel „Die Dunkelmänner – Wie die Öl- und Gasindustrie die Welt zerstört und die Demokratie gleich mit“ wird in ausgezeichnet recherchierten Artikeln die ganze „mafiöse“ Lobbytätigkeit der Fossil-Industrie und ihrer Hintermänner (CEOs) offenlegt, die nur Gewinnmaximierung im Sinn haben und Klima, Umwelt und Demokratie zerstören, indem sie Politik und Gesetzgebung ganz in ihrem Sinne manipulieren. Dabei zeigt GP auch auf, wie sich Greenwashing mit Klimaschutzrhetorik diametral vom Handeln der Verantwortlichen unterscheidet. iese Lektüre sei allen Klimaschützer:innen dringend empfohlen. s bleibt nur die Frage, wie sie auch den verantwortichen Politiker:innen „aufs Auge gedrückt“ werden kann, um endlich das klimaschädliche Handeln der Regierungen zu stoppen.

Wenn hierzulande selbst Ampel-Grüne wie BMWK Robert Habeck auf die Fehlinformationen der Lobby hereinfallen und die anderen Ampelfarben meist nur gelb leuchten, ist dringende Intervention geboten. Aber wie? Berater wirkungslos, Memoranden wirkungslos, Greta, FFF und Demonstrationen wirkungslos, Klimakleber kriminell und Aufstand der „freiheitlichen“ Bürger gefürchtet. Geht es überhaupt nur auf juristischem Weg?

Aber es gibt noch einen anderen Ansatz, mit der Energiewende konkret voranzukommen. Während die NGOs zumindest versuchen, dass „große Klimaschutzrad zu drehen“, arbeiten zahlreiche kleine Gruppierungen lokal bzw. regional für Energiewende und Klimaschutz.

Sie erreichen natürlich nicht den Gesetzgeber, aber zumindest die lokalen Räte und Behörden, die oft alles andere als klimaschutzorientiert entscheiden, wenn es um PV-Freilandanlagen, Kleinwindkraft, Zufahrt von E-Autos an die eigene PV-Lade-Wallbox etc. geht. Und sie setzen ganz konkret Projekte um oder helfen bei deren Umsetzung und informieren investitionswillige Bürger über den richtigen Zugang zu EE-Anlagen und effizienter Haustechnik (z.B. Wärmepumpen).

Ein gutes Beispiel für eine solche Gruppe stellen die Regionalaktivisten „KlimaPatenNetzwerk Rhein-Voreifel“ dar, die sich aus einer seit 2007 tätigen regionalbehördlichen Klimaschutz-Projektgruppe des linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreises entwickelt und verselbstständigt haben. Der KlimaPaten-Ansatz geht davon aus, dass die jährlich prämierten KlimaPaten mit ihren eigenen Projektrealisierungen als Vorbilder für andere Mitbürger:innen fungieren und ihre konkreten positiven und negativen Erfahrungen in der Umsetzung an diese weitergeben können.

Das letzte, fast fünfstündige Treffen fand unter Leitung von Prof. Hermann Schlagheck am letzten Sonntag beim KlimaPaten Dr. Wenzel Gehlen in Swisttal statt und hatte – außer von anderen KlimaPaten und solchen, die es noch werden wollen, auch jede Menge Zulauf von interessierten Radlern entlang der s.g. Apfelroutentour. Der Gastgeber Dr. Gehlen ist ein besonders gutes Beispiel eines KlimaPaten, weil er mit Zähigkeit viele energetische Projekte in den letzten Jahren umgesetzt hat – von Wärmepumpe über PV mit Speicher und Notstromversorgung bis zur eigenen Kleinwindkraftanlage (27 m, 10 kWp), bei der er über mehrere Jahre den Widerstand von Baubehörden, Gemeinderat und Netzbetreiber zu spüren bekam. Entgegen aller Beteuerungen der Regierung, existiert an der Basis noch viel zu viel (Verhinderungs-)Bürokratie, die unbedingt ausgeräumt werden muss. In der Diskussionrunde im Anschluss an Vorträge und Projektvorstellungen erkennt man sehr gut auch die Hilflosigkeit der Bürger:innen, die bereit zur Investition in EE und/oder Gebäudeenergieeffizienz sind, aber nicht wissen, wo und wie sie anfangen sollen.

Auch die Vorlage mehrerer, meist umfangreicher Angebote für PV-Anlagen oder Wärmepumpen helfen ihnen nicht weiter, weil die meisten Menschen diese mangels technisch-physikalischer Kenntnisse überhaupt nicht interpretieren können, sondern nur die weit auseinanderklaffenden Endpreise sehen, deren Zustandekommen sie nicht verstehen. Dass die Anbieter oft den zur Zeit für sie optimalen Markt in Goldgräbermentalität ausnutzen, um mit inkompetenten Lösungsansätzen die Prosumer:innen über den Tisch zu ziehen und maximale Gewinne zu erwirtschaften, verbessert leider nicht die Ausgangslage. Das gilt auch für die drastische Kapazitätsauslastung kompetenter und unabhängiger Energieberater.

Lassen wir uns von den diversen Hürden nicht entmutigen, sondern packen wir die Energiewende beherzt an, sei es mit eigenen Umsetzungen, mit Klimaklagen und/oder mit politischer Arbeit, um die Regulierungsrahmen endlich dem Klimaschutz angemessen zu gestalten.

Mit herzlichen Grüßen Claus P. Baumeister