COP28-Prolog: Klimakonferenz im Herzen der Fossilwirtschaft – eine Realsatire

Aus dem Kuratorenkanal von Claus P. Baumeister:

Bild 1: PreCOP28 in Bonn (© cb)

Vor einem halben Jahrhundert proklamierte der Club of Rome ein Ende des ungehemmten Wachstums. Gleichzeitig zeigten sich bereits Anhaltspunkte, dass der zunehmende Ausstoß menschengemachter Treibhausgase durch fossile Verbrennung auf einen Klimawandel hinauslaufen werde. In den 1980er und 1990er Jahren konkretisierte sich der Verdacht bis zur weitgehenden Gewissheit unter allen serösen und unabhängigen Wissenschaftlern, untermauert von zahlreichen Studien. Darunter waren letztlich sogar eigene Studien der Fossil-Wirtschaft, z.B. des US-Öl-Riesen Exxon, die jedoch unter Verschluss gehalten oder uminterpretiert wurden.

Die verstrichenen Jahrzehnte, in denen die Chance zu einem weltweiten Umsteuern vertan wurde, hat die einflussreiche Fossil-Lobby jedenfalls dazu genutzt, mit zurückgehaltenen oder „frisierten“ Studien, korrupten Wissenschaftlern, Lobbyarbeit in der Politik und Fehlinformationen in den Massenmedien massives Störfeuer auf die Klimawissenschaft auszuüben und Zweifel am menschengemachten Klimawandel zu streuen. Das ist ihnen offenbar gut gelungen, sonst wäre die gesamte Welt nicht in dieser prekären Lage, einen fast aussichtslosen und teuren Kampf gegen das bereits weit fortgeschrittene Global Warming führen zu müssen.

Inzwischen sind die Folgen weltweit in unterschiedlicher Ausprägung sichtbar und der Klimawandel selbst ist nicht mehr zu leugnen. Sogar die anthropogene Ursache steht nicht mehr in Frage. Deshalb musste die Fossil-Lobby eine neue Strategie entwickeln, um möglichst keine Einbußen ihrer exorbitanten Gewinne hinnehmen zu müssen. Die Hauptförderländer von Öl und Erdgas und ihre beherrschenden Konzerne denken jedenfalls nicht daran, auf die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder zu verzichten oder gar die laufende Förderung in irgendeiner Weise zu drosseln (außer temporär zur Preisstabilisierung bei Überangebot).

Wie also will man dieses ignorante Verhalten jetzt rechtfertigen? Nun sollen es technische Ansätze „mit der Brechstange“ möglich machen, munter weiter fossile Brennstoffe zu fördern, weltweit zu veräußern und jenseits der CO2-Bilanz ihrer Produzenten zu verbrennen. Das ausgemachte Wunderkind heißt jetzt CDR (Carbon Dioxyde Reduction), wozu auch die vielleicht bekanntere Methode CCS (Corbon Capture and Storage) zählt. Gleichwohl kosten auch diese Technolgien nicht nur viel Geld, sondern auch zusätzliche Energie, sind bislang noch kaum großtechnisch verfügbar und werden auch auf Dauer nicht annähernd so hochskalierbar sein, dass sie den aktuellen und sicher noch erheblich steigenden CO2-Ausstoß kompensieren könnten.

Bild 2: Burj al Arab, Dubai (© cb)

Diese neue Vernebelungsstrategie der Öl- und Gasförderländer wurde bereits auf der im Juni veranstalteten PreCOP28 in Bonn (s. KK-Bericht dazu) von Saudi Arabien zum aktuellen Narrativ feinjustiert. Nun wird man nicht ernsthaft erwarten, dass der CEO des größten VAE-Ölkonzerns als Präsident der COP28 in Dubai von dieser Position zurückrudern würde. Die Farce dieser Konferenz setzt sich also fort und wird – wenn überhaupt – wieder einmal nur „Blahblah“ als Abschlusserklärung liefern. Viel zu weit auseinander liegen die Interessen von Förderländern, Rußland, USA, China und Indien (mit zusätzlichem Kohlekraftwerksausbau), EU und Entwicklungsländern, als dass man auf eine wirklich wirksame gemeinsame Erklärung und die entsprechenden weltweiten Maßnahmen hoffen dürfte. Absichtserklärungen hatten wir zur Genüge. Auch das immer wieder zitierte 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015 gehört dazu. Aber entsprechenden Taten stehen immer wieder wirtschaftliche Interessen entgegen. Das Klima kann vermeindlich warten. Aber ohne konsequenten Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen wird es kein gutes oder zumindest akzeptables Ende nehmen.

By the way: Auch die deutsche Ampelregierung, allen voran der „grüne“ Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck, stehen offensichtlich unter Dauerbeschuss der Fossil-Lobby, die sie ständig mit der Angst vor Energiemangellagen und Deindustrialisierung vor sich hertreibt. Nur so wäre zu erklären, warum Habeck und die Ampel voll auf den LNG- und H2-Hype abfahren und dabei einerseits Überkapazitäten von LNG-Terminals mit langfristigen Abnahmeverpflichtungen sowie andererseits eine überflüssig verzweigte Wasserstoffinfrastruktur schaffen. Gegen diese fehlgeleitete Politik geht die Deutsche Umwelthilfe jetzt auf juristischem Weg vor. Gut so, wenngleich auch nur als ultima ratio.

An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass (Fracking-)LNG über die gesamte Erzeugungs- und Lieferkette gesehen inkl. der extrem schädlichen Methan-Leckagen (>25 CO2-Äquivalente) klimaschädlicher und gleichzeitig wesentlich teurer als die diskreditierte heimische Braunkohle ist. Und Wasserstoff ist kein Primärenergieträger. Er muss unter sehr geringem Wirkungsgrad aus Erneuerbaren Energien per Elektrolyse hergestellt und ggf. anschließend unter weiteren Verlusten verstromt werden. Kein Land der Welt kann in absehbarer Zeit adäquate Mengen grünen Wasserstoffs liefern, auch nicht die Länder, mit denen die Ampel zur Zeit inftationär „Energiepartnerschaften“ aufsetzt – schon gar nicht, ohne ihre eigene (regenerative) Stromversorgung zu gefährden. Energie-Kolonialisierung statt eigener Anstrengungen, den Bedarf an EE möglichst zügig im eigenen Land zu decken.

Mit herzlichen Grüßen
Claus P. Baumeister