Die „Letzte Generation“ und das Allerletzte

Aus dem Kuratorenkanal von Claus P. Baumeister

Man muss es eigentlich nicht mehr betonen: Die Erde „glüht“, der Klimawandel schreitet exponentiell fort, ein Kipppunkt nach dem anderen fällt und das in Paris vereinbarte 1,5°-Ziel – ohnehin ein für viele Menschen schwer ertragbarer Kompromiss – scheint inzwischen unerreichbar. Angesichts dieser Bedrohungslage hat unsere Gesellschaft und das Rechtssystem keinen angemesseneren Umgang mit den – zugegebenermaßen drastisch – mahnenden Aktivisten als sie zu kriminalisieren (schon bis zu drei Monaten Haft ohne Bewährung) und als „Extremisten“ oder sogar „Klimaterroristen“ zu beschimpfen.

Dabei sitzen die eigentlichen „Verbrecher“ doch am Kabinettstisch, ignorieren sie doch weitgehend die tatsächliche Dringlichkeit notwendiger Maßnahmen und brechen fortwährend das mühsam unter Druck des BVerfG geschärfte Bundesklimaschutzgesetz. Und wenn sie diesen offensichtlichen Rechtsbruch legalisieren wollen, ändern sie einfach das Gesetz, damit die übelsten Ignoranten (in persona Volker Wissing für das Weiter-so-BMDV) sich jeglicher Verpflichtung und Sanktionierung entziehen können.

Das ist jedenfalls das Allerletzte und hat schon Züge eines autokratischen Regimes, in dem man Gesetze mal eben so gestaltet, wie es den Machthabern gerade in den Kram passt. Selbst die demokratische Legitimierung steht hier auf tönernen Füßen. Der Hauptblockierer und wesentliche Treiber einer Verwässerung des Klimaschutzgesetzes weiß gerade einmal 5% der Wähler und die Porsche AG (die hat natürlich Gewicht) hinter sich. Dass die „Grünen“ nicht einmal adäquaten Widerstand leisten, sondern diese Scheinlösungen noch rechtfertigen, ist inzwischen nicht mehr nachvollziehbar. Der schweigende und vergessliche Kanzler interessiert sich scheinbar nur noch für den Machterhalt. Jedenfalls ist mitnichten zu erkennen, wofür er eigentlich jenseits von Wahlkampfsprüchen steht.

Dass der Gesetzgeber nicht darauf warten darf, bis alle Wirtschaftsakteure und die Bevölkerung einschneidende Maßnahmen begrüßen, versteht sich vonselbst. Schließlich sind laut Umfragen zwar 80% für Klimaschutz, aber kaum bereit, den von der „Letzten Generation“ in Anspruch genommenen „gerechtfertigten Notstand“ gelten zu lassen oder gar selbst irgendwelche Einschränkungen für den Klimaschutz in Kauf zu nehmen.

Letztlich spiegelt die Überbewertung der uneigennützigen, gewaltfreien und räumlich begrenzten Blockaden seitens der „Letzten Generation“ als Nötigung und schweren Eingriff in den Straßenverkehr die Doppelmoral in unserem Rechtssystem und der Wahrnehmung in unserer Gesellschaft. Als rechtskonform und von vielen Bürgern akzeptiert gelten hingegen („Warn“-)Streiks von Gewerkschaften wie ver.di oder DBG zur Durchsetzung höherer Löhne, also keineswegs uneigennützig. Die dürfen dann auch hundertausende am Tarifkonflikt unbeteiligte Menschen in ihrem Fortkommen mit Bahn, Bus, Auto oder Flugzeug behindern. Für mich ist DAS (legitimierte) Nötigung in gigantischem Ausmaß.

Wärmewende

By the way: Die Ampel hat mal wieder einen Gesetzesschnellschuss produziert, der Heizungen ab 2024 zu 65% klimaneutral machen soll. Das allein macht noch keine Wärmewende. Und mal abgesehen von den erneut unausgegohrenen Regelungen und den auch nachgebessert fortbestehenden handwerklichen Fehlern in der Vorlage, wird erneut sinnlos Steuergeld verschwendet. Jeder bekommt mindestens 30% Förderung, auch wenn er Millionär ist und schon vor vielen Jahren hätte seine Villa mit einer Wärmepumpe ausstatten können und sollen. Da werden mit der Gießkanne zweistellige Milliarden pro anno ausgeschüttet, während man z.B. mit den Kosten der Kindergrundsicherung hadert.

Und – wir hatten es früher bereits angesprochen – wieso werden die exorbitanten Kosten einer Wärmepumpe (häufig genannt 35.000 €) eigentlich nicht mal hinterfragt, sondern wie ein Naturgesetz behandelt? Technisch sind sie jedenfalls nicht zu erklären. Da wird also vermutlich wieder eine ganze Branche (wie bei der Automobilbranche) aus Steuermitteln gefüttert.

Mit herzlichen Grüßen
Claus P. Baumeister