EUROSOLAR Deutschland Stellungnahme

Perspektiven für Ü20-Photovoltaik-Kleinanlagen nach Auslaufen der EEG-Förderung. Eigenstromnutzung einfach unterstützen Die vollständige Stellungnahme inklusive Anhang und Praxisbeispiel finden Sie hier als PDF-Dokument. 1. Das Problem Seit dem Jahr 2000 wurden in Deutschland fast zwei Millionen kleine Photovoltaik-Anlagen errichtet, die Strom ins Netz einspeisen und dafür eine über 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung bekommen. Für die ersten 20.000 Pioniere endet die EEG-Förderung mit dem Ende dieses Jahres. Nach BSW-Verbandsangaben fallen in den kommenden fünf Jahren mehr als 100.000 PV-Anlagen mit über 1.000 Megawatt aus der Förderung. Bereits 2021 sind Windräder und Photovoltaikanlagen mit einer Nennleistung von knapp 4.000 MW betroffen. Die Ü20-Anlagen fallen nicht einfach aus dem EEG. Sie dürfen weiter vorrangig ihren Strom durch das Verteilnetz ins Übertragungsnetz leiten. Sie bekommen bloß keine EEG-Vergütung mehr, sondern müssen ihren Strom selbst über einen Direktvermarkter verkaufen. Der Anlagenbetreiber wird durch die Direktvermarktung zum Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Er unterliegt damit verschiedenen energierechtlichen Pflichten, insbesondere Meldepflichten und – bei der Belieferung von privaten Haushaltskunden – inhaltlichen Vorgaben im Hinblick auf die Gestaltung des Stromliefervertrags und die Abrechnung der Stromlieferungen. Für eine Vermarktung schreibt das EEG inzwischen vor, dass mit viertelstündlicher Auflösung zu messen und zu bilanzieren ist und eine Fernsteuerung eingebaut werden muss. Den Kosten von bis zu 100 Euro pro Jahr für einen SmartMeter stehen Vergütungen des ins Netz eingespeisten PV-Stroms in Höhe des Börsenpreises gegenüber. Dieser lag die letzten 20 Jahre meistens unter 5 Cent pro kWh. Eine typische Hausdachanlage verfügt über etwa 6 kW Leistung und erzeugt damit rund 6000 kWh Strom im Jahr. Speist der Erzeuger den gesamten PV-Strom ins Netz ein, erlöst er demnach 0,05 x 6000 = 300 Euro. Neben den Kosten für den Messstellenbetrieb und für den SmartMeter fallen nach 20 Jahren Betriebszeit auch Wartungskosten an: So müssen etwa der Wechselrichter repariert oder defekte Module ersetzt werden. Das rechnet sich für PV-Kleinstanlagen nicht; allenfalls für Windräder oder große PV-Freiflächenanlagen.

Nun überlegen sich die Pioniere nach 20 Jahren, ob sie den selbst erzeugten Strom zukünftig auch selbst verbrauchen. Dann, so denken sie, sparen sie die 30 Cent je kWh Strombezugskosten aus dem Netz. Für selbst verbrauchten Strom muss der Prosumer jedoch wieder einen teuren Zähler einbauen und je selbst verbrauchter Kilowattstunde 40 Prozent der regulären EEG-Umlage, derzeit knapp 3 Cent je kWh, abführen. Auch das rechnet sich nicht.

Es bleiben den Pionieren zwei Möglichkeiten: Entweder nehmen sie ihre alte PV-Anlage vom Netz und lassen sie ungenutzt oder bauen sie ab. Oder sie rüsten mit Batterien oder anderen Speichern auf eine inselbetriebsfähige PV-Anlage um, koppeln sich gegebenenfalls ganz vom öffentlichen Netz ab und stellen für den Notfall einen Backup-Dieselgenerator auf.

Betreiber von Photovoltaikanlagen, die älter als 20 Jahre sind, sind in der Regel sogenannte Volleinspeiser. In den ersten Jahren des EEG war die Vergütung so hoch, dass sich der Eigenverbrauch nicht lohnte. Die vor 20 Jahren noch hochpreisigen PV-Anlagen sind nun längst abgeschrieben und durch die Einspeisevergütung solide amortisiert. Es wäre aber weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll, die noch gut funktionierenden Anlagen zu verschrotten, anstatt ihre grüne Energie weiter zu nutzen. Die Funktionstüchtigkeit der Anlagen hat nämlich auch nach 20 Jahren kaum nachgelassen und ihr Betrieb ist grüner denn je, weil die Anlagen ihre graue Produktionsenergie im Betrieb längst um ein Vielfaches kompensiert haben.

Die Richtlinie der Europäischen Union zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, die jetzt umgesetzt werden soll, stellt das Recht auf Eigenverbrauch heraus und fordert von den Mitgliedstaaten, diesen zu gewährleisten, ohne dass die eigenerzeugte Elektrizität diskriminierenden oder unverhältnismäßigen Verfahren oder jeglichen Abgaben, Umlagen und Gebühren unterworfen ist. Diese Direktive umzusetzen bedeutet vor allem eine deutliche Vereinfachung der bürokratischen Verfahren und ein Abrücken von überflüssigen Melde- und Informationsübermittlungsprozessen. Kleine PV-Anlagen müssen dann nur mit ihrer maximalen Einspeiseleistung deklariert und die Netzkonformität der Wechselrichter erklärt werden. Der Netzbetreiber benötigt weder aus regulatorischer noch aus finanzieller Sicht Informationen darüber, welche Geräte im Gebäude zum Einsatz kommen und welche Energiemengen im privaten Netz anfallen, gespeichert und verbraucht werden, solange sie nicht mit dem Netz verbunden sind. Regulierungen für ausschließlich im privaten Netz betriebene Komponenten und Energieflüsse können vollständig entfallen. Die an das öffentliche Netz angebundenen Komponenten können generalisierte CE-Zulassungen erhalten, wenn sie die Netzkonformität der Serie herstellerseitig nachweisen.

Dabei ist es gleichgültig, wie weit sich ein privates Netz ausdehnt. Gewinne aus entgeltlicher Stromlieferung in einem privaten Netz – wie etwa an Mieter – könnten schlicht als Einkommen versteuert werden. Nur diejenigen Komponenten, die direkt mit dem öffentlichen Stromnetz kommunizieren, wie z.B. Wechselrichter, unterliegen einer bauartbasierten Normung und CE-Zertifizierung, ohne dass sie explizit beim Netzbetreiber angemeldet werden müssten – so wie auch Verbraucher wie Küchenherde oder Kühltruhen nicht angemeldet und genehmigt werden müssen.

Bislang hat es die Bundesregierung versäumt, angemessene Anschlussregelungen für die ausgeförderten Anlagen festzulegen. Bei Anlagenbetreibern herrscht Unsicherheit und Ratlosigkeit. Aus diesem Grund ist eine kurzfristige EEG-Novellierung noch im laufenden Jahr keine Kür, sondern Pflicht. EUROSOLAR stellt zielgerichtete, leicht umsetzbare Maßnahmen vor und setzt sie in Relation zu anderen Empfehlungen, die bereits von Behörden, Wirtschaft und Wissenschaft vorliegen.

2. Lösungsvorschläge verschiedener Institutionen

Vorschläge unterschiedlichster Qualität kommen aus verschiedenen Richtungen: Die großen Themen dabei sind Direktvermarktung, Eigenversorgung und Energiegemeinschaften entsprechend der Vorgaben der EU-Richtlinie. Das Bündnis Bürgerenergie hat beim Beratungshaus Energy Brainpool ein Impulspapier in Auftrag gegeben, die Deutsche Energie-Agentur eines bei der Stiftung Umweltenergierecht, weitere Vorschläge erstellten der Bundesverband Solarwirtschaft, die Bundesnetzagentur und etliche Initiativen aus der Stromwirtschaft.

Auffallend ist, dass fast alle Lösungsvorschläge eine Ü20-Regelung suchen, die über das öffentliche Netz virtuell organisiert wird. Die meisten bisherigen Vorschläge machen den Prosumer abhängig von Energieversorgungsunternehmen. Sie sind mit einer hochfrequenten und zentralisierten Datenerhebung verbunden. Subbilanzkreise mit getrennter Bilanzierung lassen einen hohen Verwaltungsaufwand erwarten. Die dezentrale, regulatorisch und verwaltungsmäßig einfach zu lösende, für alle vorteilhafte Umsteuerung auf maximalen Eigenverbrauch scheint weitestgehend ignoriert zu werden. Es leuchtet zwar ein, dass Netzbetreiber oder Versorger den Prosumer an der Leine halten wollen. Doch auch unabhängige, dem Gemeinwohl verpflichtete Organisationen erkennen oft nicht die Nachteile für die Bürgerschaft, die durch die Vernetzung drohen.

Dabei kann man es ganz einfach gestalten: Höherer Selbstverbrauch hilft einerseits den Pionieren dabei, weniger teuren Strom aus dem Netz zu beziehen. Was sie nicht selbst verbrauchen, könnten sie weiter einspeisen, nur ohne Vergütung. Höherer Eigenverbrauch hilft andererseits den Verteilnetzbetreibern, weil die kleinen PV-Anlagen zur Netzstabilität beitragen. Je mehr Prosumer ihren selbst erzeugten Strom auch selbst verbrauchen, desto weniger Strom speisen sie ins Netz ein und umgekehrt. Das entlastet die Verteilnetze. Der Netzbetreiber profitiert durch eine geringere Volatilität im Netz und geschenkten Strom. Erfreulich erscheint da die Bundesratsinitiative Baden-Württembergs, die wenigstens vorschlägt, bei kleineren PV-Anlagen von bis zu 7 kWp auf die Fernsteuerbarkeit sowie die Viertelstunden-Bilanzierung zu verzichten und den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom von der EEG-Umlage zu befreien.

3. Lösungsvorschlag von EUROSOLAR

EUROSOLAR fordert eine ergänzende Gesetzgebung im EEG, die den Altanlagen erlaubt, weiterhin am öffentlichen Netz betrieben zu werden und Strom nach Bedarf einzuspeisen. Die Anlagenbetreiber bekommen dafür keine Vergütung. Den Netzbetreibern sei ein wenig kostenloser grüner Strom gegönnt. Um eine unvergütete Einspeisung, die zunächst nach einem schlechten Geschäft für Anlagenbetreiber klingt, attraktiv zu gestalten, braucht es allerdings verschiedene Rahmenbedingungen:

1. Verzicht auf die Installation neuer Zähler. So spart der Anlagenbetreiber jährlich bis zu 100 Euro für den zusätzlichen Messstellenbetrieb mit einem SmartMeter. Der 20 Jahre alte Einspeisezähler für die Abrechnung der EEG-Vergütung wird nicht mehr benötigt, weil Überflussstrom umsonst eingespeist wird.

2. Wechselrichter der PV-Anlagen müssen zum Zweck der Eigenstromnutzung auf das hausinterne Netz umgeklemmt werden. Der Wechselrichter hängt dann hinter dem Verbrauchszähler, der mit Rücklaufsperre weiter funktioniert wie bisher, ohne dabei den eingespeisten Strom zu berücksichtigen.

Rechenbeispiel:
Mit einer Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 6 kWp auf dem Hausdach, die einen Stromertrag von 6 MWh pro Jahr liefert, kann ca. ein Drittel der Leistung als Eigenverbrauch genutzt werden und ist mit dem entfallenen Netzbezug zu bewerten. Daraus ergibt sich folgende Ersparnis für den Prosumer: 6/3 MWh x 30 €¢/kWh = 600 €/a. Nur durch das simple Umklemmen des Wechselrichters spart so der Anlagenbetreiber 50 Euro im Monat an Strom, den er sonst aus dem Netz beziehen müsste.

Um das Verteilnetz weiter zu entlasten, sollte zusätzlich die Installation von Speichern mit Fördermitteln angereizt werden. Sie versetzen Betreiber kleiner PV-Anlagen in die Lage, ihren Eigenstrom von einem Drittel auf über 90 Prozent zu steigern, wodurch die Netzvolatilität weiter verringert wird. Batteriespeicher, Wärmepumpen, Heizstäbe, die Heizungswasser erwärmen, Infrarotheizungen oder Ladestationen für E-Autos und E-Bikes gehören hierzu. Durch Optimierungsmaßnahmen in Hinblick auf die technische Ausstattung und den Stromverbrauch der Prosumer lässt sich eine Eigenstromnutzung von mehr als 95 Prozent erreichen.

Noch weiter gedacht könnten auch Anlagen, die noch ein paar Jahre von der EEG-Einspeisevergütung profitieren, aus der Umlagefinanzierung entlassen werden. Voraussetzung wäre, dass sie auf Eigenverbrauch umstellen und im Gegenzug eine Speicherförderung erhalten, die der jeweiligen Restlaufzeit der EEG-Förderung entspricht. Damit würden die Stromkosten für alle Verbraucher sinken, die Netzstabilisierung begünstigt und der kostenintensive Ausbau der Verteilnetze überflüssig.

Um den wirtschaftlichen Weiterbetrieb von ausgeförderten Photovoltaik-Anlagen im Sinne der Betreiber, der Netzstabilität und des Gemeinwohls wirtschaftlich zu gewährleisten, sind folgende Punkte zu veranlassen:

1. Die unentgeltliche Einspeisung von selbst erzeugtem Strom ins öffentliche Netz genehmigen.
2. Wechselrichter der PV-Anlage für die Eigenstromnutzung in Minutenschnelle auf das interne Hausnetz umklemmen, was den Einspeisezähler erübrigt.
3. Abschaffung von Meldepflicht und Abgabenbelastungen von Energieerzeugern, Speichern und lokalem Eigenverbrauch im eigenen Energiesystem; CE-Zertifizierung über Netzkonformität anstatt individueller Anmeldung aller Komponenten, die mit dem öffentlichen Netz verbunden werden.
4. Stopp des zwangsweisen SmartMeter-Rollouts.
5. Option auf Umwandlung der laufenden EEG-Förderung in eine Speicherförderung, sofern auf höheren Eigenverbrauch umgestellt wird.
6. Eingriffe in das private Energiesystem grundsätzlich unterlassen, hierfür sind die Technischen Anschlussbedingungen (TAB) zu überarbeiten.
7. Beseitigung aller bürokratischen und finanziellen Belastungen für die Nutzung selbstproduzierten PV-Stroms im privaten Netz.