Offener Brief an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier der Bundesgesetzgebung

Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz 2021 – EEG 2021

 

 Bonn, im Oktober 2020

EEG – das Parlamentsgesetz des wiedervereinigten Deutschlands für Klimaschutz und Energiesicherheit

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Deutschen Bundestags,

Sehr geehrte Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, Regierungschefs der Länder, Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren,

wir wenden uns in einem offenen Brief an Sie, die Parlamentarierinnen und Parlamentarier des Bundes, weil Sie der Gesetzgeber der deutschen Energiewende sind. Nur dank Ihrer Initiative haben Energiewende und mit ihr Klimaschutz und Energiesicherheit für Deutschland überhaupt eine Chance auf Umsetzung. Dank Bundestagsabgeordneten wie Mathias Engelsberger (CSU), dem Urheber des EEG-Vorgängers, das Stromeinspeisungsgesetz 1990, Dr. Hermann Scheer (SPD) und Hans-Josef Fell (Bündnis 90/Die Grünen), den Urhebern des EEG 2000, sind wir in der Lage, das Interesse an konsequentem Klimaschutz sowie an wirtschaftlicher und sozialer Sicherheit miteinander in Einklang zu bringen. Wir haben alle Mittel in der Hand, die Energiewende mit 100% Erneuerbaren Energien innerhalb einer Generation beschleunigt zu verwirklichen. Stromeinspeisungsgesetz und Erneuerbare-Energien-Gesetz stammen aus der Mitte des Parlaments, sind nicht von Ministerien entworfen und nicht von der Bundesregierung eingebracht worden. Diese Parlamentsgesetze sind verantwortlich für die Bereitstellung von inzwischen über 42% der Stromerzeugung in Deutschland. Seit 1990 ist es immer wieder der Initiative aus der Mitte von Bundestag und Bundesrat zu verdanken, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien fortgeführt werden und die Kosten der Technologien gedrückt werden konnten. Deshalb ist es heute allgemeine Erkenntnis, worauf viele gehofft haben und manche nicht zu glauben wagten:

Nicht nur für die ökologische, genauso für die wirtschaftliche und soziale Zukunft Deutschlands ist die beschleunigte Energiewende die richtige Antwort.

Bedauerlicherweise wird der vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie in das Bundeskabinett eingebrachte Gesetzentwurf der Bundesregierung dieser Erkenntnis – mal wieder – nicht gerecht. Er plädiert für mehr Anstrengungen im Klimaschutz und legt in seinem Zuständigkeitsbereich einen Entwurf für das wichtigste Klimaschutzgesetz vor, der die Energiewende an mehr Stellen behindert als sie beschleunigt voranzubringen. Beispielsweise bei der Windenergie an Land: Hier ist die Einführung eines Korrekturfaktors für 60%-Standorte vom Referenzertrag (§ 36h EEG 2021-Entwurf) gerade für Süddeutschland und das Mittelgebirge zu begrüßen. Gleichzeitig wird allerdings mit § 51 EEG 2021-Entwurf die wirtschaftliche Unsicherheit von Windenergieprojekten und auch von Projekten der Solarfreifläche verschärft. Das geht so: Die Verantwortung der in zu geringem Maße steuerbaren Kohle- und Atomkraftwerke für negative Preise an der Strombörse wird einfach bei der Windenergie abgeladen. Das perfide ist: Dafür, dass die Grundlast durchlaufen darf, obwohl sie nicht gebraucht wird, müssen Wind- und Solarenergie bluten. Neue Energiemarktordnung (NEMO), die das Energierecht auf die Besonderheiten fluktuierender Erneuerbaren einstellt? Fehlanzeige! Solche Regelungen zementieren die alte Energiewelt ohne Sinn und Verstand. Das betrifft dann gerade die Finanzierbarkeit von weniger ertragreichen Projekten in der Mitte und im Süden Deutschlands. Einfach paradox.

Obwohl es wissenschaftliche Erkenntnis ist, dass Wind und Solar gleichzeitig beschleunigt ausgebaut werden müssen, wird wieder einmal ein Gesetzentwurf vorgelegt, der die Erneuerbaren gegeneinander ausspielt. Besonders schlecht wird dieses Mal die gerade erst wieder zart wachsende Solarenergie auf Gebäuden behandelt.

Wir bitten deshalb alle Akteure der Erneuerbaren um Verständnis, dass wir uns in unserer EUROSOLAR-Stellungnahme zur EEG-Novelle 2021 besonders auf die Photovoltaik auf Gebäuden konzentrieren (siehe Anlage). Sie ist der große Hoffnungsträger, weil ganz Viele mitanpacken können, die Energiewende zu gestalten. Es ist unverzeihlich, das wachsende Engagement von klein- und mittelständischen Unternehmern, von Stadtwerken und Kommunen, von Energiegenossenschaften und vielen Familien – Mietern und Gebäudeeigentümern – einmal wieder durch Überbürokratisierung, Verkomplizierung und absurde Vergütungskürzungen abzuwürgen. Es ist unverantwortlich, die Initiativen aus vielen Bundesländern – von Hamburg, Berlin und Bremen bis Baden-Württemberg und Bayern – die die Solarenergie zum Baustandard machen wollen, im Keim zu ersticken. Solaranlagen gehören auf jedes solar-geeignete Dach. Die Solarenergie ist inzwischen preiswert und günstig und darf deshalb nicht durch Bürokratie und alte Energiegesetze künstlich verteuert werden. Jede Initiative, die heimische Ressource Dach in Deutschland zu erschließen, muss willkommen sein.

Wer Volksvertreter ist, ermöglicht die Energie des Volkes und behindert sie nicht.

Mal wieder kommt es auf Sie an.

Wir möchten Sie bitten und appellieren an Sie: Nehmen Sie Ihren Auftrag wahr, nutzen Sie Ihr Selbstvertrauen als Gesetzgeber der Energiewende und stellen Sie die richtigen Weichen für die Zukunft Deutschlands.

Immer wenn Entwürfe der Bundesregierung aus Gründen des Zeitdrucks durch Eilanträge der Bundesregierung durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht wurden und dadurch parlamentarischer Einfluss gemindert wurde, sind verheerende Weichen im EEG gestellt worden. Die schwersten Fehler waren:

  • Missbrauch der EEG-Umlage zur Subventionierung der Strompreise für die deutsche Industrie anstatt Industrieförderung außerhalb des EEG zu regeln. Diese Maßnahme hat die EEG-Umlage in die Höhe getrieben und wurde immer wieder dazu genutzt, dem Ruf der inzwischen günstigen Erneuerbaren als vermeintlich teure Energieart zu schaden.
  • Einführung von Ausschreibungen zur Deckelung des Zubaus bereits günstiger Erneuerbarer Technologien wie der Windenergie an Land oder der Solarfreifläche.
  • Verkomplizierung und Über-Bürokratisierung der Erneuerbaren. Dadurch haben sich viele Akteure der Energiewende, gerade kleine und mittelständische Unternehmen, Bürgerenergiegesellschaften, Stadtwerke, Kommunen und Familien von Investitionen in Erneuerbare verabschiedet. Investitionen, die wir für Klimaschutz und Energiesicherheit so dringend brauchen.

Deshalb bitten wir Sie und appellieren an Sie: Setzen Sie sich dafür ein, dass wenigstens die größten Blockadeinstrumente gegen Erneuerbare aus dem Gesetzentwurf zum EEG 2021 herausgenommen werden und Impulse für eine Beschleunigung der Energiewende gesetzt werden. Das erfolgreichste Instrument für Klimaschutz und Energiesicherheit hat dadurch wieder eine Chance, in Wirksamkeit zu erwachsen. Dazu bitten wir um Beachtung unserer EUROSOLAR-Stellungnahme zur EEG-Novelle 2021.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Axel Berg        Stephan Grüger, MdL         Rosa Hemmers   Dr. Fabio Longo   Dr. Brigitte Schmidt

Vorsitzender         Stellv. Vorsitzende Sektion Deutschland

 

Den vollständigen Brief finden Sie hier als PDF-Dokument.