Floating PV –Hürden und Chancen in der Praxis

Interview mit Daniel Duric, erschienen im SOLARZEITALTER 1-2023

Im Mai letzten Jahres wurde in Haltern am See Deutschlands größte schwimmende PV-Anlage in Betrieb genommen. Die Anlage schwimmt auf dem ehemaligen Gewinnungssee „Silbersee III“. Früher wurde dort Quarzsand abgebaut, heute ist er ein Naturschutzgebiet. Auf einer Fläche von knapp 1,8 Hektar, was rund 2,3 % der Seefläche entspricht schwimmt die Anlage. 5.800 Solarmodule, befestigt auf  360 Schwimm-Elementen,  wurden mit speziellen Solarbooten auf den See gebracht. Für dieses herausragende Projekt erhielten die Quarzwerke den Deutschen Solarpreis 2022. Mit dem Werkleiter bei den Quarzwerken, Daniel Duric, führten wir ein Interview über dieses besondere
Projekt.

SOLARZEITALTER: Was war ihre Motivation für die Installation der Floating PV-Anlage?

Daniel Duric: Quarzwerke verfolgen gruppenweit das Ziel, CO2-neutral zu werden. Eine Maßnahme, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Nutzung erneuerbarer Energien. 

Am Standort Haltern wollten wir eine Photovoltaikanlage errichten, die einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlässt, gleichzeitig aber hoch effizient ist und dem Werk bestmöglich dient. Hier bot sich die Nutzung des ausgekiesten Baggersees an.

SOLARZEITALTER: Sie haben ebenso PV-Anlagen an Land installiert. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei Floating-PV im Vergleich zu PV-Anlagen an Land?

Daniel Duric: Ein entscheidender Vorteil ist, dass bei Floating-PV-Anlagen auf Baggerseen ein „Flächenrecycling“ stattfindet. Zusätzlich sind die Anlagen wegen der dauerhaften Wasserkühlung etwas effizienter alsLandanlagen. Aber wir wollen nicht verschweigen, dass Floating-Anlagen aufgrund zusätzlich benötigter Materialen wie z. B. Pontons und der komplizierteren Montage bis zu 30 % teurer sind. Zudem ist der Genehmigungsaufwand höher, da bisher erst wenige Anlagen installiert wurden und dementsprechend Erfahrungswerte fehlen.

SOLARZEITALTER: Sie installierten die Floating-PV-Anlage ohne Förderung. Sahen Sie das Projekt als Leuchtturmprojekt an und
installierten die Floating- PV-Anlage somit aus Gründen des Klimaschutzes oder standen
damals wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund?

Daniel Duric: Für uns stand und steht der Klimaschutz an erster Stelle. Deswegen setzen wir auch weiterhin eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks um. Jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der PV-Anlage um eine erhebliche Investition mit einem gewissen Risiko handelt. Deswegen musste auch bei dieser Anlage eine Grundwirtschaftlichkeit gegeben sein.

SOLARZEITALTER: Wie eingangs beschrieben möchten Sie den erzeugten Strom zu 75 Prozent im Eigenverbrauch nutzen und somit Ihren CO2-Fußabdruck verringern. Konnten Sie dieses Ziel bereits erreichen und können Sie möglicherweise konkrete Zahlen nennen?

Daniel Duric: Durch kleinere Optimierungen konnten wir die Eigenverbrauchsquote sogar noch um wenige Prozentpunkte auf etwa 80 % steigern. Das anvisierte Ziel wurde damit sogar noch übertroffen.

SOLARZEITALTER: Welche Hürden mussten Sie überwinden, um die Anlage bauen zu können?

Daniel Duric: Angesichts der Komplexität und auch der Neuheit des Projektes, überwog zu Beginn die Skepsis – intern als auch extern. Im Weiteren mussten wirtschaftliche und rechtliche Parameter geklärt, Befreiungen von Schutzgebieten (z.B. Landschafts- und Wasserschutz) eingeholt, Artenschutzkartierungen angefertigt, Gutachten geschrieben, Pachtverträge geschlossen und bergbehördliche Zulassungen (Sonderbetriebsplan) erwirkt werden. Auch sorgte Corona für zeitliche Verschiebungen und massive Preisanstiege.

SOLARZEITALTER: Welche Wünsche oder Forderungen haben Sie hinsichtlich der Unterstützung von Floating-PV an die Politik?

Daniel Duric: Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, wenn die im WHG festgeschriebene Begrenzung auf maximal 15 % der Seefläche angepasst werden würde. Bis zu 50 % wäre denkbar. Dann könnte das Potenzial der Floating-PV-Anlagen gehoben werden.

Andernfalls können fast ausnahmslos kleine Anlagen gebaut werden. Dann sorgen die hohen spezifischen Einmalkosten dafür, dass diese Anlagen unwirtschaftlich werden. Dazu wäre es wünschenswert, wenn solche Floating-PV-Anlagen wegen der Flächenneutralität auch im BauGB privilegiert würden, sodass sie auch ohne einen Bebauungsplan gebaut werden könnten.

SOLARZEITALTER: Welche Bilanz ziehen Sie ein Jahr nach Inbetriebnahme der Floating-PV?

Daniel Duric: Ein grundlegend positive Bilanz. Die Anlage hat unsere Erwartungen voll erfüllt und funktioniert bisher einwandfrei. Auch gibt es bisher nur wenige negative Stimmen und  vielmehr sogar Zuspruch von der lokalen Bevölkerung. Das liegt sicherlich auch daran, dass anfängliche Befürchtungen, wie z.B. nachteilige Auswirkungen auf die Avifauna, durch praktische Nachweise widerlegt werden konnten. Nicht zuletzt hat der Bau der Anlage auch viel auf politischer Ebene angestoßen.

Ausblick auf die nächsten Jahre

SOLARZEITALTER: Welche Projekte können wir von Ihnen in Zukunft erwarten?

Daniel Duric: Das hängt auch von der gesetzlichen Umgebung ab: Wir planen z.B. eine Floating-Anlage von etwa 20 – 40 MWp, die aber nur gebaut werden kann, wenn es die Gesetze auch zulassen. Neben weiteren PV-Anlagen – ob Freifläche, Floating oder Agri – wollen wir auch Windkraftanlagen bauen, da ihre Erzeugung komplementär zu denen aus PV-Anlagen ist. Dazu investieren wir in Speichertechnologien, um den selbst erzeugten Grünstrom noch effizienter nutzen zu können und uns gleichzeitig unabhängiger von der externen Energieversorgung zu machen. Neben Batteriespeichern wollen wir zukünftig auch Power-To-X-Technologien in unsere Systeme integrieren. Abwärmenutzung, Steigerung der Energieeffizienz und Energieträgerumstellung sind natürlich obligatorisch.

SOLARZEITALTER: Welche Ziele in Sachen Klimaschutz verfolgen Sie?

Daniel Duric: Wir wollen ganz klar klimaneutral werden. Wir haben einen Fahrplan, wie wir dieses Ziel wirtschaftlich erreichen können. Wir wollen in Zukunft auch grüne Produkte anbieten. Wichtig ist uns, dass wir möglichst aus eigener Kraft grün werden und nur die Emissionen mit Zertifikaten ausgleichen, die absolut unvermeidbar sind. Alles andere ist für uns Greenwashing.

SOLARZEITALTER: Eine letzte Frage in eigener Sache. Wie öffentlichkeitswirksam war der Deutsche Solarpreis für Sie?

Daniel Duric: Das war neben der offiziellen Einweihung der Floating-PV ein sehr schöner Moment, den wir auch mit viel Medienbegleitung feiern konnten. Außerdem trägt ein Preis für ein Industrieunternehmen möglicherweise auch zum Umdenken bei anderen Unternehmen und auch der Politik bei.

SOLARZEITALTER: Herr Duric, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Das Interview führte Melanie Breit, wissenschaftliche Referentin bei EUROSOLAR

Daniel Duric ist Werkleiter bei der Quarzwerke GmbH